Uniqa will neue Aktien ausgeben

Die dem Raiffeisen-Sektor nahestehende UNIQA-Versicherungsgruppe ist startklar für den zweiten Gang an die Börse (Re-IPO). Das Volumen der Emission soll bei 700 bis 800 Millionen Euro liegen, ist aber von der Marktsituation abhängig. Der heimische Versicherungskonzern will damit die Kapitalbasis stärken und den Streubesitz „signifikant“ erhöhen.
Die drei Großaktionäre, die Raiffeisen Zentralbank (45,28 Prozent), Austria (44,10 Prozent) und Collegialität (3,34 Prozent) werden ihre Bezugsrechte nicht ausüben, wollen aber weiterhin die Mehrheit behalten. Der Streubesitz von derzeit rund sieben Prozent würde sich bei dem angepeilten Emissionsvolumen rechnerisch auf rund 30 Prozent erhöhen. Wegen des kleinen Streubesitzes hatte die Aktie bis dato nicht viel Kursfantasie.
Ziele
Bei den Gewinnzielen hat sich die UNIQA die Latte hochgelegt. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) soll von 2012 bis 2015 um bis zu 350 Millionen Euro gesteigert werden. Im ersten Halbjahr 2013 fuhr die Versicherungsgruppe ein EGT von 197 Millionen ein – inklusive einem Gewinn von 51 Millionen Euro durch den Verkauf der Hotelbeteiligungen.
UNIQA-Chef Andreas Brandstetter, der den Börsegang als „zentralen Meilenstein“ bezeichnet, will im Rahmen des Strategieprogramms UNIQA 2.0 die Kundenzahl bis zum Jahr 2020 auf 15 Millionen steigern. Derzeit zählt der Konzern rund neun Millionen Kunden in 20 Ländern. Die Gruppe will sich auf das Kernversicherungsgeschäft konzentrieren, einige artfremde Beteiligungen wurden bereits verkauft. International hat sich der Versicherungskonzern auf Zentral- und Osteuropa fokussiert.
Für die Kapitalerhöhung werden neue Aktien an die bestehenden und an neue Aktionäre ausgegeben. Koordiniert wird der Börsegang von der Deutschen Bank, Morgan Stanley und der Raiffeisen Centrobank. Mit an Bord bei der Platzierung der Aktien sind auch Barclays, Berenberg und UBS.
Trotz der ambitionierten Gewinnziele und der Ankündigung des Börsegangs gab der Kurs der Aktie an der Wiener Börse gestern, Montag, bis zum Nachmittag um 2,81 Prozent nach.
Der Verkauf ist rückläufig, die Konsumentenschützer raten den Kunden dringend ab – Andreas Brandstetter, Chef des Raiffeisen nahen Versicherungskonzerns UNIQA, erklärt, was in der Lebensversicherung schiefgelaufen ist. Die neuen, strengeren Eigenkapitalregeln sieht er als große Chance für die Branche.
KURIER: Lebensversicherungen sind nicht gerade ein Verkaufsschlager. Warum eigentlich, man müsste doch meinen,
Altersvorsorge ist den Konsumenten ein wichtiges Anliegen?
Andreas Brandstetter: Das jetzige Zinsumfeld begünstigt die klassische Lebensversicherung nicht. Die Versicherungswirtschaft hat das Produkt in den letzten Jahren einseitig positioniert und die Rendite in den Vordergrund gestellt. Die Branche war zu aggressiv. In guten Zeiten wurde zu offensiv verkauft und es wurden Renditen versprochen, die jenseits von Gut und Böse waren. Auf den Risikoschutz hat man dabei leider vergessen. Ich kenne aber kein anderes Produkt, bei dem im Todesfall des Versicherten die Hinterbliebenen bereits nach der ersten Prämienzahlung die volle Summe ausbezahlt kriegen.

Stimmt, gegenüber Rendite-starken, riskanteren Produkten hinkt die Lebensversicherung nach. Aber die haben auch keinen Risikoschutz. Wenn das Zinsumfeld so bleibt, ist nicht ausgeschlossen, dass die Garantiezinsen noch weiter sinken.
In Deutschland bieten Allianz und Ergo bereits Produkte ohne
Garantiezins an.
Was von der Aufsicht Bafin ausdrücklich begrüßt wird.
Und in
Österreich?
Wir haben in Österreich nicht so hohe Garantiezinsen wie in Deutschland und sind daher nicht so unter Druck. Aber man muss sich damit beschäftigen. Wir beobachten den Markt sehr intensiv und werden Anfang 2014 entscheiden.
Warum sollten Kunden ein solches Produkt kaufen? Eh schon eine derart bescheidene Rendite und dann gibt’s nicht einmal mehr eine Garantie.
Man verzichtet auf den Garantiezins, hat aber die Chance auf eine höhere Gewinnbeteiligung. Und der Risikoschutz bleibt erhalten. Doch das kann natürlich nur ein Alternativ-Produkt sein.
Die Konsumentenschützer haben sich auf die Lebensversicherungen eingeschossen. Sie kritisieren die Renditen und raten von Abschlüssen ab.
Diese Berichte sind sehr einseitig, denn gerade die Konsumentenschützer sollten den Risikoschutz forcieren. Die Renditen sind nicht alles, aber wenn man unter diesem Gesichtspunkt kaufen will, sollte man andere Investments überlegen.
Wie sehr beeinflusst solche Kritik das Verhalten der Kunden?
Die ganze Branche hat Rückgänge in der Lebensversicherung. Jene Kollegen im Verkauf allerdings, die in der Beratung der Kunden den Risiko-Aspekt darstellen, kämpfen zwar auch, haben aber eine positive Tendenz.
Bei der Veranlagung der Prämien jammert die Branche seit Jahren über die voraussichtlich ab 2016 vorgeschriebenen neuen, wesentlich strengeren Eigenkapitalregeln Solvency II.
Solvency II ist eine Riesenchance, endlich werden klare, transparente Standards zugunsten der Kunden vorgegeben. Wir führen den UNIQA-Konzern so, als ob Solvency II jetzt schon gültig wäre. Früher haben alle Anlagebereiche performt, das ist heute nicht mehr so. Bestimmte Asset-Klassen müssen mit mehr Risikokapital hinterlegt werden. Das ist zum Schutz der Kunden. Wir müssen jetzt drei Mal überlegen, wie wir veranlagen. Sodass eine Rendite erwirtschaftet wird und möglichst wenig Risikokapital eingesetzt werden muss.
Bitte etwas konkreter.
Unsere Veranlagungsstrategie lautet: Konservativ und sicher. Wir haben aus dem Jahr 2011 sehr schmerzhaft unsere Lehren gezogen, vor allem aus Griechenland. Die Versicherungen werden in den nächsten Jahren sehr viel vorsichtiger und sorgfältiger investieren, aber auch Investments in neue Bereiche überlegen. Die Münchner Rück geht zum Beispiel stark in alternative Energien und in den Hypothekar-Bereich.
Wie hat sich der Anlagemix der
UNIQA verändert?
Volatile Assets und Aktien werden deutlich niedriger gewichtet. Der Schwerpunkt sind mit 71,4 Prozent Anleihen – Staatsanleihen von Schwellenländern in Asien und Südamerika sowie Euro-Anleihen von Deutschland und Österreich. Die Aktien haben wir auf drei Prozent reduziert, weil die Volatilität und daher die Unterlegung mit Eigenkapital sehr hoch ist. Immobilien liegen bei neun Prozent. Wir werden heuer unseren Bestand an Private Equity von rund 400 Millionen Euro verkaufen. Das klingt viel, aber bedenken Sie, dass wir ein Veranlagungsvolumen von mehr als 20 Milliarden Euro haben.
Was denken Sie sich eigentlich, wenn Bundeskanzler Faymann auf Plakaten die Botschaft suggeriert, das staatliche Pensionssystem sei sicher?
Da muss ich an den Pensionistenbrief von Franz Vranitzky denken. Ich gehe davon aus, dass der Bundeskanzler sicher weiß, wie es um das Pensionssystem steht. Das sehe ich als Teil des politischen Spiels im Vorwahlkampf. Vom rein versicherungsmathematischen Standpunkt gibt es zum Beispiel objektiv keinen Grund für ein früheres Pensionsantrittsalter der Frauen.
Die Politik interessiert sich in Wahlkampfzeiten leider herzlich wenig für Versicherungsmathematik.
Wir werden alle älter, die medizinische Versorgung wird immer besser und wir leben gesünder. Es ist ein Wahnwitz, wie zögerlich die Anpassungen im staatlichen Pensionssystem passieren. Das ist ein Verbrechen an unserer Jugend. Wie kommen unsere Kinder dazu? Das Pensionsthema gehört neben Bildung und Integration zu den Bereichen mit dringendem Handlungsbedarf.
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UNIQA: Wie weit sind Sie mit dem Konzern-Umbau?
Die großen strategischen Brocken sind erledigt, wir konzentrieren uns geografisch auf Österreich und
Osteuropa. Das Beteiligungs-Portfolio ist saniert. Wir sind sehr gut auf Kurs. Das sind viele kleine Schritte, Wunder gibt’s nicht und wir müssen konsequent dran bleiben. Verglichen mit einem Marathon-Lauf sind wir derzeit bei Kilometer zehn. Wir bereiten uns auch intensiv auf den Re-IPO (Kapitalerhöhung über die Börse) vor und bekommen von den Märkten ein gutes Feedback.
Wann wird’s so weit sein und wie groß wird die Emission?
2013/’14, abhängig vom Marktumfeld. Da sich unsere beiden großen Kernaktionäre, die Stiftung und Raiffeisen, von knapp über 90 bis auf 51 Prozent verwässern lassen, macht nur eine Kapitalerhöhung in substanziellen Dimensionen Sinn.
Zum
Hochwasser: Wird die
UNIQA jetzt nach Abwicklung der Schäden die Kunden kündigen oder die Prämien erhöhen?
Wir werden weder kündigen noch die Prämien erhöhen. Niemand braucht sich zu sorgen, dass er deswegen aus der Versicherung rausgeworfen wird.
Nach der Jahrhundertflut 2002 wurde Hochwasser-Opfern, die versichert waren, die Versicherungsleistung von der Katastrophenhilfe abgezogen. Wer privat vorgesorgt hat, wurde quasi bestraft. Wird das diesmal wieder so gehandhabt?
Das Thema ist bisher nicht hochgekommen. Aber jemand, der sich privat um seine Sicherheit kümmert, darf nicht schlechter gestellt werden als jemand, der das nicht tut. Beide sollten von der öffentlichen Hand die gleiche Unterstützung erhalten.
Seit Jahren wird über einen großen Fonds für eine höhere Abdeckung von Schäden aus
Naturkatastrophen diskutiert. Wie ist der aktuelle Stand?
Immer, wenn ein Hochwasser passiert, gibt es Gespräche, und dann wird das Thema von der Politik wieder vergessen. Das aktuelle Modell, wie man Hochwasseropfer entschädigt, hat grundsätzlich Schwachstellen, weil es Privatversicherte benachteiligt und bundesweit einheitliche Regelungen fehlen. Die Versicherungen haben schon vor Jahren ein Konzept entwickelt, das vorsieht, eine Deckung von Naturgefahren in die freiwillige Gebäudeversicherung einzuschließen, zum Beispiel in die Feuerversicherung. Letztlich ist es eine politische Entscheidung, ob man das will und welches Modell erwünscht ist. In vielen europäischen Ländern gibt es schon seit Jahren Modelle, die für Österreich ein Vorbild sein könnten.
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