Uncle Sam darf wieder Dinge produzieren
Die billigsten Produkte, ganz gleich, woher sie kommen: Das war bisher das Erfolgsrezept von Wal-Mart. Jetzt sorgte der Chef der US-Supermarktkette, Bill Simon, mit einer Ankündigung für Furore: In den nächsten zehn Jahren werde Wal-Mart 50 Milliarden Dollar zusätzlich für US-Erzeugnisse ausgeben, versprach er kürzlich. „Das weist auf einen Mentalitätswandel hin“, sagte Thomas Duesterberg, Chef der US-Denkfabrik The Aspen Institute, im Gespräch mit dem KURIER. Er sieht gute Chancen, dass der Niedergang im US-Herstellungssektor jetzt nicht nur gestoppt, sondern zur Erfolgsstory umgekehrt wird. Die produzierende US-Wirtschaft hat durch die Globalisierung stark an Bedeutung eingebüßt und war 2012 nur noch für 11,6 Prozent der US-Wirtschaftsleistung verantwortlich. Große Teile der Billigproduktion waren nach Asien abgewandert. Das Wiedererstarken der Industrie könne bis zu 3,7 Millionen Jobs schaffen und den Anteil am US-BIP bis 2025 auf 15,8 Prozent steigern, orakelte Duesterberg.
Höhere Produktivität
Was stimmt den Experten so optimistisch? Die Energierevolution durch billiges Öl und Gas aus Schiefergestein ist ein wichtiger Faktor, aber nicht der einzige. Für das Industrie-Comeback spricht, dass die niedrigeren Produktionskosten in Ländern wie China und Mexiko weniger ins Gewicht fallen: Die Löhne steigen dort rasch – und computergesteuerte Fertigungsstraßen kommen ohnehin mit weniger Personal aus. US-Unternehmen hätten zudem aus Katastrophen wie dem Tsunami in Asien oder dem Super-GAU von Fukushima gelernt, wie riskant es ist, auf globale Lieferketten zu vertrauen, sagte Duesterberg: Schlimmstenfalls drohen monatelange Produktionsausfälle. „Die Unternehmen fahren besser, je näher sie bei den Kunden sind“ , sagte auch William Strauss, Ökonom der Federal Reserve Bank von Chicago. Er hält die Mär vom Niedergang der US-Industrie ohnehin für überzogen: „Die Produktionsleistung ist seit dem Zweiten Weltkrieg im Gleichklang mit der Wirtschaftsleistung gestiegen.“ Dafür werden aber immer weniger Arbeitskräfte benötigt: „Heute schaffen 170 Arbeiter, wofür 1950 1000 gebraucht wurden. “
Chancen für Österreich
Dramatisch verändert haben sich die Jobanforderungen, sagte Brent Weil vom Industrieverband Manufacturing Institute. Er zeigte sich von Österreichs Lehrlingsausbildung beeindruckt. In den USA sei es undenkbar, junge Menschen schon mit 15 Jahren in die Arbeit der Betriebe einzubinden. Die hochrangige US-Delegation war im Rahmen des Marshall-Programms in Wien – unter anderem zum Meinungsaustausch mit heimischen Managern. Der Industrieboom eröffne Österreichs Unternehmen gute Chancen, sagte Franz Rössler, Wirtschaftsdelegierter in Chicago, Schon jetzt sind die USA mit 1,9 Mrd. Euro Exportwert nach Deutschland der zweitgrößter Abnehmer für Maschinen und Anlagen.
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