Tsipras: Keine Festlegung auf IWF-Rückzahlung

Nichts geht mehr in der griechischen Tragödie. Nun wird ein neuer Gipfel für Sonntag überlegt.

Drei Seiten, alle uneins. So stellt sich offenbar derzeit die Lage im griechischen Schuldendrama dar. IWF, EU und Athen sind weiterhin von einer Lösung weit entfernt. Angesichts der zugespitzten Krise wird in Brüssel über einen Gipfel der Staats-und Regierungschefs am Sonntag spekuliert. Zunächst soll aber abgewartet werden, ob es bei der Eurogruppe der Finanzminister am Donnerstag in Luxemburg Fortschritte gibt. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis will jedoch am Donnerstag kein neues Reformpapier vorlegen. Und Premier Tsipras macht die Uneinigkeit zwischen der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds für die Blockade verantwortlich. Der Hauptfaktor, der eine Vereinbarung blockiere, seien Differenzen der beiden Gläubiger in der Frage einer Umstrukturierung der griechischen Schulden.

"Der große Widerspruch ist, dass der IWF Maßnahmen und eine Restrukturierung will, während die anderen Maßnahmen, aber keine Restrukturierung wollen." Seine Regierung sei weiter zu einer Vereinbarung bereit, sagte Tsipras. Ein Abkommen sei entscheidend. Allerdings dürfe es keine Vereinbarung sein, die dazu führe, dass Griechenland in sechs Monaten in der gleichen Situation stecke, wie derzeit. Drastische Worte fand Yanis Varoufakis. Die von den Gläubigern Griechenlands geforderten Sparmaßnahmen führen nach den Worten des griechischen Finanzministers zur Auflösung Europas. Sie böten keine Lösung der Finanzkrise, sondern eine Erniedrigung der Griechen, sagte Varoufakis am Montagabend in einer Rede auf der Insel Kreta. Die Gläubiger forderten Griechenland "mit Sadismus" auf, diejenigen Bürger finanziell zu belasten, die bereits schwer von der Krise getroffen seien, sagte Varoufakis. Griechenland werde weiterhin logische Gegenvorschläge machen.

Tsipras will sich Medienberichten zufolge nun auch nicht mehr auf eine Rückzahlung der Tilgungsrate an den IWF festlegen. Das habe er bei einem Treffen am Dienstag den Chefs der beiden kleinen pro-europäischen Oppositionsparteien To Potami und Pasok gesagt, berichteten griechische Medien weiter. Der Regierungschef behalte sich als eine Option vor, die am 30. Juni fällige, gebündelte Tilgungsrate in Höhe von knapp 1,6 Milliarden Euro nicht zu bezahlen, falls es bis Ende des Monats zu keiner Einigung mit den Gläubigern kommen sollte. Die Regierung reagierte zunächst nicht auf diese Berichte, die nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Kreisen der beiden kleinen Parteien an die Presse durchsickerten. Im Kampf gegen die Zahlungsunfähigkeit hatte sich Athen Anfang Juni eine kurze Atempause verschafft. Alle drei im Juni fälligen Kreditraten sollen gebündelt zum Monatsende von Athen überwiesen werden.

Faymann bei Tsipras

Angesichts der starren Fronten gab nun auch EU-Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis zu, dass in Brüssel auch über die Folgen eines Scheiterns der Verhandlungen gesprochen werde. "Es gibt einige Diskussionen in der Euro-Arbeitsgruppe, was die möglichen Auswirkungen von weniger vorteilhaften Szenarien sind", sagte Dombrovskis am Dienstag in Vilnius. Es sei verständlich, dass die Euro-Staaten nervös seien. Die EU-Kommission arbeite aber weiter daran, eine Einigung zu erreichen. Seit Freitag ist bekannt, dass die Euro-Staaten auch erstmals in formeller Runde über die Folgen einer möglichen Pleite Griechenlands sprechen.

Einen diplomatischen Versuch unternimmt am Mittwoch Bundeskanzler Werner Faymann, der Tsipras in Athen besucht. Nach eigenen Angaben hat sich Faymann vor dem Treffen "ausführlich mit Jean-Claude Juncker abgestimmt". Auch mit einigen "europäischen Regierungschef" habe er "unseren Standpunkt" abgeglichen.

xyz
https://images.kurier.at/46-70582548.jpg/136.408.965
APA
Griechenland: BIP schrumpft, Schulden wachsen
Entwicklung BIP und Schulden in Milliarden Euro seit 2006 - Kurvengrafik Grafik 0704-15-Griechenland. ai, Format 88 x 72 mm

Nachdem die Verhandlungen der EU mit Griechenland am Wochenende erfolglos verliefen, blickt Europa nun auf das Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag. Aber: "Die derzeitigen Positionen machen es unwahrscheinlich, dass dort eine Einigung erzielt werden kann", so Raiffeisen-Analyst Valentin Hofstätter in einer aktuellen Einschätzung.

"Das wahrscheinlichste Szenario bleibt damit unverändert eine weitere Eskalation, bei der als nächster Schritt eine Aufkündigung der Finanzierung griechischer Banken durch das Europäische System der Zentralbanken droht", schreibt Hofstätter zum griechischen Schuldendrama. Falls die EZB den griechischen Banken den Geldhahn abdreht, rechnet Hofstätter mit Kapitalverkehrskontrollen ähnlich wie in Zypern im Jahr 2013. Bankeinlagen würden eingefroren, nur kleinere Beträge dürften abgehoben werden, Auslandsüberweisungen würden gesperrt.

Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone - "Grexit" genannt - könne aber auch dann noch vermieden werden, meint Hofstätter. "Er ist nach wie vor nicht unser Basisszenario. Das Risiko dafür steigt aber rapide an"

Kommentare