Studie: Mit Schilling viel mehr Arbeitslose

Schilling-Nostalgiker haben Hochsaison. Mit dem "guten alten" Schilling würde Österreich viel besser fahren als mit Rettungsaktionen für Euroländer in Finanznot, um die gemeinsame Währung zu erhalten. Was die Nostalgiker dabei vergessen: Die Rückkehr zur eigenen österreichischen Währung hätte einen enormen Preis. Schon der Austritt etlicher Schuldenländer aus dem Euro wäre für Österreich katastrophal.
Auf Basis einer Studie des Forschungsinstituts Oxford Economics hat das WIFO auf Bitte des Kanzleramtes in Wien ein Krisenszenario analysiert, das heute, Donnerstag, in Alpbach vorgestellt wird. Die Annahmen dabei: Griechenland, Italien, Irland, Portugal, Spanien und Zypern treten im ersten Quartal 2013 aus dem Euro aus. Die übrigen Euroländer behalten die gemeinsame Währung, die dann praktisch ein "Nord-Euro" wäre.
Ganz abgesehen davon, dass das Schockwellen an den globalen Finanzmärkten auslösen würde. Ganz abgesehen davon, dass es dann zu einem "bank run" in den austretenden Ländern käme, weil die Bürger ihr Erspartes in Sicherheit bringen wollen – was zu neuen Schockwellen führen würde. Für Österreichs Wirtschaft und die Arbeitnehmer wäre der Nord-Euro auch so ein furchtbarer Schlag.

Laut WIFO-Berechnungen würde die heimische Wirtschaft 2013 um knapp elf Milliarden und 2014 bereits um 32 Milliarden Euro schwächer da stehen als bei normaler Entwicklung. Vor allem deshalb, weil die Exporte einbrechen würden. Beispiel: Für Italien mit seiner dann abgewerteten Lira wären Produkte aus Österreich plötzlich viel teurer und nahezu unerschwinglich. Erstes zaghaftes Wachstum sehen die Wirtschaftsforscher in diesem Szenario erst wieder 2015. In den beiden Folgejahren ginge es wieder rascher aufwärts, "weil dann die Investitionen wieder anspringen", sagt WIFO-Experte Serguei Kaniovski. Unterm Strich bedeute diese Entwicklung "fünf verlorene Jahre".
Die tiefe Rezession in den Jahren 2013/2014 würde laut der Studie auch einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit mit sich bringen. Die Arbeitslosenrate (nach EU-Definition) würde von jetzt 4,5 auf bis zu 7,6 Prozent hochschnellen. Das bedeutet: Es gebe um bis zu 140.000 Arbeitslose mehr – was das Budget stark belasten würde.
Schrecken
Daran, dass sich die Lage im Nord-Euro-Raum nach den ersten Schreckensjahren wieder beruhigt, kann Stefan Bruckbauer nicht so recht glauben. Der Chefökonom der Bank Austria geht davon aus, dass es lange kriseln würde. "Es würde Jahre dauern, bis Österreich die derzeitige Wettbewerbsposition wiedererlangt." Außerdem kann er sich kaum vorstellen, wie Investoren davon überzeugt werden könnten, dass der Nord-Euro dann die Währung wäre, die Bestand hat – wo es doch der Vorgänger-Euro nicht geschafft hat.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Währungsunion zu einem Nord-Euro-Raum schrumpft, geben die Forscher aus Oxford immerhin mit 30 Prozent an. Dass es den Euro ganz zerbröselt und alle Länder wieder ihre Nationalwährungen einführen, versieht WIFO-Experte Kaniovski mit einer Wahrscheinlichkeit "im einstelligen Prozentbereich". Die Auswirkungen wären allerdings noch viel dramatischer. Den Absturz der heimischen Wirtschaftsleistung wagt Kaniovski zwar nicht zu beziffern. "Aber es wären deutlich mehr als jene 32 Milliarden Euro, die ein Nord-Euro verursachen würde." Die Rezession würde noch viel länger dauern als in einem kleineren Währungsverbund. Die Konsequenz: Die Arbeitslosigkeit in Österreich würde noch viel drastischer zunehmen.
Spardruck
Jedes Land mit eigener Währung hätte noch andere Konsequenzen zu ziehen: Auch in Österreich wären große Sparpakete nötig, damit der Berg an Staatsschulden nicht in den Himmel wächst, während das Bruttoinlandsprodukt schrumpft und die Arbeitslosenzahlen steigen. Und damit Investoren überzeugt werden können, dass Österreich ein vertrauenswürdiges Land ist, dem man Geld zu leistbaren Zinsen borgen kann.
EU und Euro: Das Mitmachen brachte Wachstum
Mehr Tempo Laut WIFO hat jeder Integrationsschritt Österreichs Wachstumsimpulse gebracht. Die EU-Mitgliedschaft bedeutete 0,6 Prozentpunkte mehr Wachstum, die EU-Osterweiterung sowie die Euro-Mitgliedschaft jeweils 0,4 Prozentpunkte pro Jahr.
Summe Da sich die Effekte teilweise überschneiden, können sie nicht einfach zusammengezählt werden, so die WIFO-Experten. Sie kalkulieren aber damit, dass Österreichs Wirtschaft mit EU und Euro um bis zu 1,0 Prozentpunkt pro Jahr stärker gewachsen ist als ohne sie.
Konjunktur Die Teilnahme Österreichs an der Währungsunion bedeutet, so die WIFO-Studie, dass die Wirtschaftsleistung heuer um 16,5 Milliarden Euro höher ausfällt als ohne Euro. Seit 2002 (Euro-Bargeldeinführung) läuft die Konjunktur immer besser als der Euroraum-Durchschnitt.
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