Streik bei Ryanair: Fluglinie will Passagiere nicht entschädigen

Streik bei Ryanair: Fluglinie will Passagiere nicht entschädigen
Am zweiten Tag des Streiks wurden weniger Passagiere überrascht, es gab keine größeren Zwischenfälle.

Der 48-stündiger Streik der Flugbegleiter des Billigfliegers in mehreren europäischen Ländern hat am zweiten Tag nur noch wenige Reisende überrascht. Im Gegensatz zum Vortag wurden am Donnerstag in Spanien, Portugal und Belgien nur wenige Flugverbindungen kurzfristig gestrichen, wie der Flughafen Brüssel mitteilte und Medien unter Berufung auf die Luftverkehrsbehörden berichteten.

Nirgendwo habe es größere Zwischenfälle oder Proteste gegeben, hieß es. Entschädigungen für ausgefallene Flüge oder Verspätungen infolge des Streiks, der um Mitternacht endet, will Ryanair aber nicht bezahlen.

In Italien, das am Mittwoch von kurzfristigen Ausfällen mitten in der Ferienzeit besonders betroffen war, war der Ausstand schon nach 24 Stunden zu Ende gegangen. Auch an mehreren deutschen Flughäfen fielen am Mittwoch und Donnerstag Flugverbindungen aus. Die Flugbegleiter fordern bessere Arbeitsbedingungen, darunter mehr Geld. Ryanair droht seinerseits mit Stellenstreichungen.

Laudamotion nicht betroffen

Auf Österreich hat der Streik keine unmittelbaren Auswirkungen. Die Ryanair-Tochter Laudamotion ist nicht betroffen. In Österreich fliegt Ryanair nur nach Salzburg, wobei die nächste Verbindung erst für Freitag geplant ist.

Nach Angaben von Ryanair sollten wegen des Streiks am Donnerstag insgesamt 300 Flüge programmgemäß ausfallen, davon 200 allein in Spanien. Darüber hinaus habe es vorerst keine sonstigen Störungen gegeben, alle programmierten Flüge würden normal durchgeführt, teilte die irische Airline in einer ersten Bilanz am Donnerstag auf Twitter mit. Der Ausstand geht um Mitternacht zu Ende, verkündete die spanische Gewerkschaft SITCPLA auf Twitter.

Ryanair hatte versichert, alle 50.000 betroffenen Passagiere seien rechtzeitig umgebucht oder hätten den Preis des Flugtickets zurückerhalten. Darüber hinaus will man für Flugausfälle und -verspätungen infolge des aktuellen Streiks aber keine Entschädigungen zahlen. Wegen der "außergewöhnlichen Umstände" werde sie nichts bezahlen, teilte das Unternehmen in Dublin mit.

Nach EU-Recht ist laut Ryanair keine Entschädigung fällig, wenn "die Gewerkschaft unangemessen und völlig außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft handelt". Fluggasthelfer-Portale kritisierten dagegen die Haltung der Airline als inakzeptabel.

22.000 Fluggäste auf Mallorca betroffen

Von der Arbeitsniederlegung war auch Mallorca betroffen. Auf der spanischen Urlaubsinsel wurden am Donnerstagvormittag zwei Ryanair-Flüge von Brüssel nach Palma sowie von Palma nach Brüssel gestrichen, wie ein Sprecher des Flughafens Son Sant Joan in Palma sagte. Die Lage am Flughafen sei "normal". Nach Schätzung des Regionalblattes "Ultima Hora" waren vom Streik auf Mallorca 22.000 Passagiere betroffen.

An den beiden größten Flughäfen Spaniens in Madrid und Barcelona gebe es "keine besonderen Vorkommnisse", sagten Sprecher. Am zweiten Tag des Ausstandes fielen auch in Portugal und Belgien viele Flüge aus. Am Brüsseler Flughafen wurden am Donnerstag 22 der 40 Flugverbindungen gestrichen, wie eine Sprecherin sagte. Rund 4.200 Passagiere konnten ihre Reise nicht antreten oder mussten auf einen anderen Flug umbuchen.

Am Mittwoch hatte Europas größte Billig-Airline wegen der fehlenden Flugbegleiter europaweit bereits um die 500 Verbindungen ausfallen lassen. Angekündigt waren ursprünglich nur 300 Flugausfälle. Die meisten Passagiere, die betroffen waren, hatten vorher per SMS oder Email Bescheid bekommen. Für viel Unmut und Frust sorgten aber die vielen kurzfristigen Ausfälle.

Umstieg auf Airbus?

Ryanair liebäugelt trotz seiner reinen Boeing-Flotte mit dem Kauf des Konkurrenzmodells Airbus A321. Das Flugzeug des europäischen Herstellers sei eine "attraktive" Option für die Hälfte seiner Standorte, sagte Finanzchef Neil Sorahan in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die Fluglinie aus Irland betreibt bisher eine Flotte aus 440 Boeing-Flugzeugen der 737-Reihe und hat sich auch bei den moderneren, spritsparenden Modellen für die Boeing 737-MAX entschieden.

Streik bei Ryanair: Fluglinie will Passagiere nicht entschädigen

Sorahan zufolge gibt es derzeit zwar keine konkreten Pläne für eine Bestellung bei Airbus. Allerdings übernahmen die Iren eine Mehrheit am österreichischen Billigflieger Laudamotion. Dieser setzt wie seine Vorgängerin, die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki, auf die Airbus-Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo. Deren Langversion A321neo - ebenfalls mit sparsameren Triebwerken ausgestattet - erweist sich inzwischen als starkes Zugpferd für Airbus und ist auch in einer Langstreckenversion namens A321LR erhältlich. Faktisch bestellt kaum noch ein Kunde die herkömmliche A320 oder A321, sondern jeweils die neo-Version.

Ryanair werde sich die A321 bei künftigen Flugzeugbestellungen sicher ansehen, sagte Sorahan. Er habe bereits Gespräche mit Airbus in Toulouse geführt. Einen besonderen Reiz des Fliegers macht für Ryanair dessen Größe aus. Die A321neo kann bis zu 244 Passagiere befördern - mehr als jeder Boeing-Jet dieser Klasse. Die Amerikaner prüfen derzeit die Entwicklung eines Jets, der Platz für mehr Passagiere bieten und längere Strecken zurücklegen könnte.

Ryanair kann seine derzeitigen Wachstumspläne aber auch so erfüllen. Bis Ende 2024 will die Gesellschaft die Zahl ihrer Passagiere auf 200 Millionen steigern. Eine Bestellung bei Airbus würde damit weiterem künftigem Wachstum dienen. Andere Billigflieger wie Easyjet und WizzAir haben sich bereits für größere Maschinen entschieden.

Ein Boeing-Sprecher zeigte sich zuversichtlich, die Bedürfnisse von Ryanair auch in Zukunft zu erfüllen. Ein Airbus-Sprecher wollte Gespräche mit möglichen Kunden nicht kommentieren. Bisher hatte der Flugzeugbauer aus Toulouse die Aussicht auf Aufträge von Ryanair gedämpft und vermutet, dass die Iren mit solchen Äußerungen nur höhere Rabatte bei Boeing durchsetzen wollten.

 

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