Spekulanten bekommen Fesseln angelegt
Die
EU legt Spekulanten an den Finanzmärkten Fesseln an. Die EU-Finanzminister haben neue Regeln auf den Weg gebracht, die den ungezügelten Handel mit riskanten und schwer durchschaubaren Geschäften stoppen sollen. Künftig wird der gigantische außerbörsliche Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen überwacht. Risiken sollen so eingeschränkt und die Marktteilnehmer zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Darauf einigten sich die Minister bei ihrem Treffen am Dienstag in Luxemburg. Das Geschäft mit Derivaten gilt als Hauptursache für die Finanzkrise von 2008, weil es hochgradig undurchsichtig ist und bisher nicht reguliert war.
Die Regeln für Derivate sind Teil eines Bündels an Maßnahmen, mit denen die EU eine Wiederholung der weltweiten Finanzkrise verhindern will. Dazu gehört auch ein Verbot für Leerverkäufe, bei denen Spekulanten auf den Verfall einer Währung oder Aktie wetten, ohne das Produkt zu besitzen.
Nach anfänglichem Widerstand stimmte auch Großbritannien der stärkeren Aufsicht zu. Die Briten fürchten um ihren Finanzplatz London und stehen daher allen EU-Vorstößen für mehr Kontrolle der Finanzmärkte ablehnend gegenüber. Britische Diplomaten verwiesen darauf, dass drei Viertel des europäischen Derivate-Handels auf britischem Boden stattfindet.
Mit dem Kompromiss können in den nächsten Wochen die Verhandlungen mit dem Europarlament beginnen, das den Regeln noch zustimmen muss. Dafür genügt eine qualifizierte Mehrheit. Die polnische EU-Ratspräsidentschaft möchte die Regulierung noch vor Ende Jahr unter Dach und Fach bringen. In Kraft treten könnten die Vorgaben frühestens Mitte 2012.
Derivate
Bei
Derivaten handelt es sich unter anderem um Termin- oder Optionsgeschäfte, deren Preis sich nach den Kursschwankungen ihrer Basiswerte richtet, beispielsweise Aktien. Dabei geht es um einen gigantischen Markt: Die Kommission schätzt das globale Volumen des Derivatehandels zum Jahresende 2009 auf rund 615 Bill. Dollar (466.581 Mrd. Euro).
Beim Handel mit Derivaten werden Käufer und Verkäufer künftig verpflichtet, ihren Handel über Verrechnungsstellen - über sogenannte Gegenparteien (CCP) oder Clearinghäuser - abzuwickeln. CCP sind Unternehmen, die bei einer Transaktion zwischen den Parteien stehen und sowohl als Käufer als auch Verkäufer auftreten können. Damit soll verhindert werden, dass einzelne Markt-Teilnehmer mit ihrer Pleite das gesamte Finanzsystem gefährden können. Ein Transaktionsregister soll bei den Derivaten zudem für Transparenz sorgen.
Als Aufsichtsbehörde über die Clearinghäuser agiert die europäische Wertpapieraufsicht ESMA, die im Jänner ihre Arbeit aufgenommen hatte. Pensionsfonds wurden von der Clearing-Pflicht für drei Jahre ausgenommen.
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