Spar: Neue Gesetze in Ungarn "völlig unfassbar"

Eine Frau mit einem roten Einkaufskorb wählt Gemüse in einem Supermarkt aus.
Diktate der Orban-Regierung gegen ausländische Händler erzürnen Spar-Chef Drexel.

Nach verlustreichen Jahren kehrte Spar in Ungarn 2013 wieder in die Gewinnzone zurück, doch nun vermiesen dem Konzern zwei neue Gesetze der Orban-Regierung das Geschäft. Ungarn erhöhte die Lebensmittelkontrollgebühr drastisch und will Handelsketten, die zwei Jahre hintereinander einen Verlust schreiben, zur Geschäftsaufgabe zwingen.

Spar hat deshalb seine Investitionsvorhaben in Ungarn für 2015 bereits um mehr als die Hälfte gekappt, wird keine neuen Mitarbeiter einstellen und erwägt die Schließung von drei bis vier seiner aktuell 419 Standorte. Spar-Chef Gerhard Drexel: "Da treibt man ausländische Firmen per Gesetz in die Verlustzone, ungarische Firmen hingegen bleiben vom Gesetz her verschont."

"Das Gesetz ist so konzipiert, dass ungarische Firmen de facto nicht betroffen sind."

Ein Mann mit Brille und dunklen Haaren blickt in die Ferne.
APA19003922_23062014 - WIEN - ÖSTERREICH: Spar-Chef Gerhard Drexel am Montag, 23. Juni 2014, anl. der Fortsetzung des SPAR-Kartellverfahrens in Wien. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wirft dem Handelskonzern Spar vor, Endverkaufspreise für Produkte wie Milch durch Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen direkt und indirekt festgesetzt zu haben. FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Spar muss nun statt bisher 0,1 Prozent des Umsatzes 6 Prozent für die Lebensmittelkontrollen bezahlen - also rund 30 Millionen Euro statt bisher weniger als 1 Millionen Euro jährlich. Betroffen seien ausschließlich ausländische Handelsfirmen, darunter auch Tesco, Lidl oder Aldi. "Das Gesetz ist so konzipiert, dass ungarische Firmen de facto nicht betroffen sind", so Drexel, der das Gesetz für "schwer diskriminierend und EU-rechtswidrig" hält. Um die Mehrkosten abzufangen, könne man aber die Preise für Lebensmittel nicht erhöhen, da man sonst nicht mehr wettbewerbsfähig sei.

Als "völlig unfassbar" bezeichnete der Spar-Chef das zweite von Ungarn verabschiedete Gesetz, wonach Handelsfirmen mit mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz künftig zwangsliquidiert werden, wenn sie zwei Jahre hintereinander keine Gewinne schreiben. "So einen eklatanten Rechtsbruch gibt es auf der ganzen Welt nirgends. Das ist ein Faustschlag gegen den Rechtsstaat", so Drexel.

EU-Verfahren in Vorbereitung

Er hofft auf ein Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), das von der EU-Kommission bzw. einer nationalen Regierung angestrengt werden könnte. "Wir sind deshalb in Kontakt mit der österreichischen Regierung", sagte Drexel.

Spar-Ungarn sei ein "blühendes Unternehmen", das sowohl 2013 als auch 2014 Gewinne schrieb, meinte Drexel. Die Jahre davor befand sich Spar in Ungarn in den roten Zahlen. 2014 setzte der Händler 1,54 Milliarden Euro um, ein wechselkursbereinigtes Plus von 4,8 Prozent. Damit war Spar mit rund 14.500 Beschäftigten die viertgrößte Supermarktkette im Land. Eine Prognose für 2015 ließ sich Drexel nicht entlocken. Man müsse schauen, wie sich die Lage weiter entwickle.

Während Rewe (Billa, Merkur & Co.) und Pfeiffer (Zielpunkt, Unimarkt & Co.) den Online-Versand von Lebensmitteln vorantreiben, will Spar noch abwarten. "In diesem Punkt müssen wir nicht die Ersten sein. Da kann man ruhig den Markt beobachten, denn in der Regel wird hier viel Geld verbraten", sagte Spar-Chef Drexel.

Eine Frau steht mit Einkaufstasche und -korb vor einem Kühlregal in einem Supermarkt.
A woman looks at refrigerated products in a Spar store in Budapest November 26, 2014. Hungary's calendar-adjusted retail sales rose by an annual 5.2 percent in October based on preliminary data after a 4.5 percent increase in September, the Central Statistics Office (KSH) said on Wednesday. Food sales rose by an annual 3.7 percent, non-food sales were up by 6.6 percent, while fuel sales were 6.5 percent higher. Picture taken November 26, 2014. REUTERS/Bernadett Szabo (HUNGARY - Tags: BUSINESS FOOD)
Spar betreibt seit 15 Jahren einen Online-Shop für Weine und versendet Non-Food-Produkte aus den Bereichen Haushalt, Küche, Spielwaren sowie Unterhaltungselektronik über seinen Interspar-Webshop. An Lebensmittel will sich der Salzburger Händler aber vorerst nicht heranwagen. "Das ist komplex und kostenaufwendig. Bis jetzt hat sich noch kein Geschäftsmodell durchgesetzt, das ertragreich betrieben werden kann", räumte Drexel ein. Angst, dass Spar zu spät auf den Online-Zug aufspringt, hat der Manager nicht.

Im stationären Geschäft lief es für Spar im vergangenen Jahr gut. In seinem Kerngeschäft (Lebensmittelhandel) setzte die Firma 5,91 Milliarden Euro um, ein Plus von 1,9 Prozent. Die Auslandstochter Aspiag, in ihr sind alle Auslandsniederlassungen gebündelt, erwirtschaftete im Vorjahr einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro.

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