Spannungen im Verbund-Konzern

Michael Strugl kann sich bald über ein Spitzengehalt freuen
Heftige Kritik am Wechsel eines ÖVP-Landespolitikers in den Vorstand. Künftig weniger Privilegien fürs Top-Management.

Auf den Sommerfesten lästern dieser Tage nicht nur Wirtschaftskreise und – eh klar – Vertreter der Oppositionsparteien, sondern auch so mancher türkis-schwarze oder blaue Politiker. Unschön sei die Optik, wirklich ganz unschön.

Es geht um den Wechsel des ÖVP-Vize-Landeshauptmannes Michael Strugl in den Verbund. Von der Regierungsbank in Oberösterreich direkt in den Vorstand von Österreichs größten Stromkonzern, der im Börse-Leitindex ATX notiert und zu 51 Prozent der Republik Österreich gehört. Diese Zeiten sollten vorbei sein, würde man meinen.

„Nicht gut für die Kultur in diesem Land. Das hat ein G’schmäckle“, sagt Wilhelm Rasinger, Präsident des Interessensverbandes der Anleger. Franz Fiedler, Ehrenpräsident von Transparency International Österreich, formuliert die entscheidende Frage: „Eine optimale Lösung im Interesse des Unternehmens oder standen die Interessen der Politik im Vordergrund?“

Formal hat alles seine Ordnung. Aktienrechtlich ist eine solche Rochade nicht verboten.

Der 54-jährige Strugl hat bisher allerdings Unternehmen nur bei Betriebsbesuchen von innen gesehen. Er ist zwar seit 2009 im Aufsichtsrat des Landesversorgers Energie AG OÖ, doch ein Aufsichtsrat ist mit einem operativen Vorstandsjob nicht vergleichbar. Zu Strugls Ehrenrettung: In der oberösterreichischen Industrie hält man viel von ihm und bedauert seinen Abgang.

Strugl stand neben sieben Kandidaten auf der Shortlist des Headhunters und ehemaligen AUA-Vorstands Peter Malanik (Korn Ferry). „Er hat sich beim Hearing sehr gut präsentiert, aber Präsentieren ist ja eine der Stärken von Politikern“, sagt einer der Aufsichtsräte. Der nicht dem SPÖ-Lager im Gremium angehört, aber trotzdem davon überzeugt ist, dass die ÖVP bei dieser Postenbesetzung stark mitgespielt hat.

Strugl startet gleich als stellvertretender Vorsitzender. „Es wäre besser gewesen, ihn zuerst auf eine leitende Position unterhalb des Vorstandes zu setzen. Und ihn erst in zwei, drei Jahren in den Vorstand zu holen, wenn er sich bewährt hat“, schlägt Rasinger eine elegantere Variante vor.

Politikern dürfe der Sprung in die Wirtschaft grundsätzlich nicht verwehrt bleiben, argumentiert der Anleger-Vertreter. Davon könnten Unternehmen durchaus profitieren. Aber die Optik „wäre überhaupt besser, wenn Strugl zuerst in die Privatwirtschaft ginge. In Oberösterreich gibt es doch genügend tolle Privatunternehmen“.

Im Hintergrund steht nicht nur die parteipolitische Farbenlehre. Seit der Abgang des langjährigen Landeshäuptlings Josef Pühringer absehbar war, wird in der oberösterreichischen Volkspartei zwischen Strugl und Landeschef Thomas Stelzer gestritten. Der für die Bundes-ÖVP wichtige Stelzer ist Strugl hiermit los. Der kann sich bis Ende 2020 einarbeiten. Der Vertrag von Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, ebenfalls der ÖVP zuzurechnen, wurde nur um zwei Jahre verlängert.

Den ehemaligen Rechnungshof-Chef Fiedler erinnert das Ganze an die Achtziger-Jahre: „Bundeskanzler Kreisky wollte seinen Finanzminister Hannes Androsch auch los werden und hat ihn als stellvertretenden Generaldirektor in die staatliche Creditanstalt entsorgt.“

Finanzvorstand Peter Kollmann bleibt an Bord, auch wenn zwischen ihm und Anzengruber ständig die Fetzen fliegen. Damit die FPÖ zum Zug kommt, zieht wie berichtet Cisco-Österreich-Chef Achim Kaspar ein.

Aufsichtsratschef Gerhard Roiss ist jedenfalls kein Meisterstück gelungen. Ex-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner installierte den Oberösterreicher Roiss, um den unter viel Aufregung gegangenen Ex-OMV-Boss zu rehabilitieren. Roiss gilt eigentlich als politisch unabhängig. Mitterlehner wollte aber auch den Vorstand verkleinern.

Die Abstimmung im Aufsichtsrat war mit acht gegen sieben Stimmen knapp. Erstmals stimmten die Belegschaftsvertreter im traditionell konsensual geführten Verbund gegen eine Vorstandsbestellung. Ihnen schlossen sich die zwei SPÖ-Aufsichtsräte an, Ex-AK-Direktor Werner Muhm und Peter Weinelt, Vorstand der am Verbund beteiligten Wiener Stadtwerke.

Die Betriebsräte regte auf, dass es kein hausinterner Kandidat nach oben schaffte, obwohl es gut qualifizierte junge Bewerber gibt. „Ein demotivierendes Signal für die Mitarbeiter. Ihnen wurde wieder vorgeführt, dass sie gegen Bewerber mit einem Fallschirm keine Chancen haben“, ärgert man sich bei den Belegschaftsvertretern. Die Verbund-Vorstände waren immer politisch austariert, in der Vergangenheit halt rot und schwarz.

Strugl kann sich auf eine satte Erhöhung seines Einkommens freuen. Der Verbund, der heute nur noch rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt, entlohnt seine Spitzenmanager üppig. Die vier Vorstände kommen in Summe auf 4,4 Millionen Euro.

Die größenmäßig vergleichbare niederösterreichische EVN findet mit zwei Vorständen das Auslangen und zahlt pro Manager weniger als die Hälfte der Verbund-Gagen. Die vier Vorstände der fast zehn Mal so großen teilstaatlichen OMV summieren sich auf 4,88 Millionen.

Mit einigen Privilegien macht Roiss jetzt Schluss. Die Vorstände haben ab 2019 keine eigenen Fahrer mehr, sondern müssen auf einen Pool zugreifen. Freie Fenstertage sind auf Urlaub zu konsumieren. Die großzügigen Firmenpensionen werden auf zehn Prozent des Fixgehalts gekürzt.

Gehaltssteigerungen mit den Lohnrunden sind gestrichen. Ein neues Gehaltsschema gibt’s auch. Der variable Anteil wird vergrößert. Bei voller Zielerreichung kann die Gesamt-Gage noch höher werden als derzeit. Bei Nicht-Erreichen gibt’s weniger.

Jurist Strugl begibt sich übrigens demnächst zur Weiterbildung nach Stanford.

Kommentare