Spanien: Jeder 3. Ortschef wird eingespart

Der spanischen Wirtschaft weht ein rauer Wind entgegen.
Die Regierung verschärft den Sparkurs: Steuern werden erhöht, Subventionen gestrichen, Eisenbahn und Häfen privatisiert.

Nach dem glorreichen Gewinn der Fußball-Europameisterschaft durch die "Furia Roja" Anfang Juli müssen sich die Spanier wieder der weniger rosigen wirtschaftlichen Realität widmen.

Am Mittwoch zogen tausende Spanier durch die Straßen Madrids (siehe Bilderstrecke unten) und demonstrierten gegen die jüngsten Verschärfungen des harten Sparkurses. Anlass war die Ankündigung von Ministerpräsident Mariano Rajoy, weitere umfassende Einsparungen und Reformen zur Bekämpfung der hohen Staatsverschuldung durchzuführen.

Die wichtigsten Punkte:

- Die Mehrwertsteuer wird von 18 auf 21 Prozent erhöht.- Im Verwaltungsbereich wird die Zahl an lokalen Stadträten und Bürgermeistern um 30 Prozent reduziert. Alleine mit dieser Maßnahme will die Zentralregierung rund 3,5 Mrd. Euro im Jahr einsparen.- Sämtlichen Angestellten im öffentlichen Dienst wird das Weihnachtsgeld gestrichen, die Zahl an außerordentlichen freien Tagen wird reduziert.- Die Subventionen für Gewerkschaften und politische Parteien sollen um rund 20 Prozent reduziert werden.- Bis Ende des Jahres die Ausgaben in den Ministerien um weitere 600 Mio. Euro zu kürzen.- Ab dem sechsten Monat soll auch das Arbeitslosengeld reduziert werden.- Der Eisenbahnsektor, die Häfen und die Flughäfen werden möglicherweise privatisiert.

Mariano Rajoy gestikuliert während einer Rede.

Mit diesen Strukturreformen, Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen möchte Madrid in den kommenden zwei Jahren rund 65 Mrd. Euro einsparen.

"Ich weiß, dass diese Maßnahmen nicht schön sind, aber sie sind notwendig", erklärte Ministerpräsident Rajoy vor dem spanischen Parlament. Spanien hatte bereits im Haushalt für 2012 beispiellose Sparmaßnahmen in Höhe von 27,3 Milliarden Euro verankert.

Das Land verpflichtete sich beim Treffen der Eurogruppe am Dienstag in Brüssel aber zu weiteren Sparmaßnahmen, im Gegenzug erhält Spanien von Brüssel ein Jahr Aufschub bis 2014, um das Staatsdefizit wieder unter den EU-Grenzwert von drei Prozent seiner Wirtschaftskraft zu drücken. Ende 2011 lag das Defizit bei 8,9 Prozent. Es soll nun dieses Jahr auf 6,3 Prozent sinken.

EU erfreut

Mario Draghi gestikuliert vor dem Hintergrund des Euro-Symbols.

Erfreut über die angekündigten Sparmaßnahmen zeigte sich die EU-Kommission. Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte in Brüssel, die nur einen Tag nach der Sitzung der EU-Finanzminister beschlossene Ankündigung zeige die Entschlossenheit der spanischen Regierung.

Bei den kleinen und mittleren Unternehmen stieß die Anhebung der Mehrwertsteuer hingegen sofort auf Ablehnung. Sie fürchten, dass die Maßnahme den ohnehin schwächelnden Konsum weiter abwürgen werde. Auch EZB-Präsident Mario Draghi hatte diese Woche vor der Gefahr gewarnt, dass eine Erhöhung der Mehrwertsteuer die Rezession weiter vertiefe. Rajoy räumte erstmals ein, dass der Anfang des Jahres eingesetzte Abschwung wahrscheinlich auch im nächsten Jahr andauern werde. "In der jetzigen Situation ist es in Spanien unmöglich, Wachstum zu erreichen und Arbeitsplätze zu schaffen", sagte der Regierungschef.

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