Silvio Berlusconis Tage sind gezählt

Ein letzter Versuch", titelte der Corriere della Sera. Die Wochen, wenn nicht Tage der Regierung von Premier
Silvio Berlusconi sind gezählt - so lautet der Tenor der italienischen Medien, was die Zukunft des angezählten Cavaliere betrifft.
Der 75-jährige Regierungschef musste am Donnerstag beim
G-20-Gipfel in Cannes mit fast leeren Händen antreten. Denn aus dem angekündigten und von den EU-Partnern dringend erwarteten Schockpaket war nichts geworden. Statt sofortiger Maßnahmen hatte die Regierung in einer nächtlichen Sitzung in Rom lediglich beschlossen, das Stabilitätsgesetz zu erweitern. Dabei sind Liberalisierungen bei freien Berufen und bei Ladenöffnungszeiten, der Verkauf von Staatsimmobilien, Kredite für den Süden und mehr Mobilität im öffentlichen Dienst vorgesehen.
Kritisiert wird unter anderem vom Industriellenverband die fehlende Pensions- und Arbeitsmarktreform. Bei der Abstimmung über das Stabilitätsgesetz in der Abgeordnetenkammer ist erneut ein russisches Roulette zu erwarten. Denn die ohnehin knappe Regierungsmehrheit bröckelt weiter.
Berlusconi kämpft mit einer Parlamentarier-Flucht aus den eigenen Reihen. Sechs Abgeordnete seiner Partei "Volk der Freiheit" (PdL-Popolo della libertá) verlassen das sinkende Schiff: Sie fordern in einem Schreiben den Rücktritt Berlusconis. Zur abtrünnigen Gruppe gehören auch ehemalige Vertraute wie der Anwalt Maurizio Paniz, der seinem Ex-Chef im "Fall Ruby" bisher den Rücken stärkte. Nun plädiert Paniz dafür, Berlusconis rechte Hand, Staatssekretär Gianni Letta, solle das Ruder übernehmen.
Abwerbeversuche
Laut Pdl-Vorsitzendem Angelino Alfano versucht die christdemokratische Oppositionspartei UDC weitere Parlamentarier des Premiers zum Ausstieg aus der Regierungskoalition zu bewegen, um eine neue Zentrumspartei zu gründen. "Damit könnte die
Regierung stürzen", warnt Alfano.
Der Widerstand gegen Berlusconi aus den eigenen Reihen wird immer heftiger und gipfelte während der Sondersitzung in einem harten Schlagabtausch zwischen Berlusconi und Wirtschaftsminister Giulio Tremonti. Regierungsmitglieder berichten von einem "offenen Krieg" zwischen den beiden, bei dem es neben inhaltlichen Differenzen auch um persönliche Aversionen geht.
Tremonti bekräftigte, Stunden bevor er mit Berlusconi nach
Cannes flog, seine Überzeugung: "Für Europa und die Finanzmärkte heißt das Problem Silvio Berlusconi." Auch Lega-Chef Umberto Bossi rüttelt zunehmend am soliden Bündnis mit Berlusconi: "Ich habe ihn zum Rücktritt aufgefordert, es ist aber sinnlos, er tut es nicht."
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