Argentinien tanzt weiter mit dem Pleitegeier
Argentiniens zäher Rechtsstreit mit New Yorker Hedgefonds um alte Anleiheschulden spitzt sich wieder zu. Wirtschaftsminister Axel Kicillof lehnte es am Dienstag in einem Radio-Interview mit dem Sender Del Plata ab, die Forderungen der Gläubiger zu bedienen und bezeichnete die klagenden Investoren als "starrsinnig".
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: "Herr Kicillof scheint so mit seinem Redenhalten beschäftigt zu sein, dass er sich keine Mühen macht, ein ernsthaftes Problem davon abzuhalten, noch viel schlimmer zu werden", sagte Mark Brodsky, Chef des Hedgefonds Aurelius Capital Management.
Argentinien "technisch zahlungsunfähig"
Aurelius führt zusammen mit NML Capital aus dem Elliott-Imperium des US-Milliardärs Paul Singer die Klage gegen Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft an. Wegen des seit Jahren andauernden Konflikts um offene Schulden, die noch aus der Staatspleite von Ende 2001 stammen, darf Argentinien derzeit laut einer richterlichen Verfügung nicht alle seine Staatsanleihen bedienen. Ratingagenturen bewerten das Land deshalb als "technisch zahlungsunfähig". Kicillof betreibe politische Ablenkungsmanöver, während Argentiniens Schuldenberg wachse und die Wirtschaft im Abwärtssog versinke, sagte Aurelius-Manager Brodsky.
"Geier" gegen "Gesetzlose"
Eigentlich hatten die Zeichen in der Auseinandersetzung Hedgefonds gegen Argentinien - oder "Geier" gegen "Gesetzlose", wie die Streitenden sich gegenseitig beschimpfen, zuletzt auf Annäherung gestanden. Denn zum Jahreswechsel hatte sich ein wichtiges Detail im Konflikt geändert, was eine Lösung eigentlich näherbringen könnte. Ende 2014 lief eine Klausel aus, die es Argentinien verbot, den Fonds Vorteile gegenüber anderen Gläubigern einzuräumen, die nach der Staatspleite 2001 hohe Verluste in Kauf genommen hatten. Somit wäre nun eigentlich neuer Verhandlungsspielraum gegeben.
Präsidentenwahl
Doch Wirtschaftsminister Kicillof sagte im Rundfunk, die Hedgefonds zeigten sich kaum kompromissbereit und seien nur bereit, auf 15 Prozent ihrer Forderungen über etwa 1,6 Milliarden Dollar (1,4 Mrd Euro) zu verzichten. Das käme für die argentinische Regierung jedoch nicht in Frage. Die verhärteten Fronten könnten allerdings auch Verhandlungstaktik sein. Viele Anleger setzen auf eine Lösung des Streits in absehbarer Zeit - aber unter einem neuen Staatsoberhaupt. Denn im Oktober sind Wahlen und die amtierende Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner darf dann nicht mehr antreten.
23. Dezember 2001: Argentinien erklärt sich für zahlungsunfähig. Damit nimmt die bisher größte Staatspleite der zeitgenössischen Geschichte ihren Lauf.
3. März 2005: Erste Umschuldung: Für 76 Prozent der ausstehenden Forderungen gibt es einen Schuldenschnitt.
3. Jänner 2006: Argentinien zahlt dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die gesamten Anleihe-Schulden von 9,5 Mrd. Dollar (aktuell 7 Mrd. Euro) zurück.
23. Juni 2010: Zweite Umschuldung: Damit sind 92,4 Prozent der ausstehenden Schulden mit erheblichen Verlusten für die Anleger umstrukturiert.
22. November 2012: Der New Yorker Richter Thomas Griesa verurteilt Argentinien, bis zum 15. Dezember 1,3 Mrd. Dollar plus Zinsen an die Hedgefonds NML Capital und Aurelius für Anleihen zu zahlen.
29. Mai 2014: Argentinien einigt sich mit den staatlichen Gläubigern ("Pariser Club") auf die Rückzahlung von 7,2 Mrd. Dollar.
16. Juni 2014: Argentinien scheitert mit einer Berufung vor dem Obersten Gerichtshof der USA. Damit steht Griesas Urteil.
30. Juni 2014: Weil Griesa Argentinien untersagt, andere Anleihen zu bedienen, bis die Schulden bei den Hedgefonds beglichen sind, kann das Land Zinsen nicht bezahlen.
30. Juli 2014: Argentinien schafft es nicht, sich innerhalb der dreißigtägigen Frist mit den Hedgefonds zu einigen. Damit befindet sich Argentinien "technisch" erneut in einer Staatspleite.
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