Schuldenschnitt für Athen wohl im Jänner
Nach der Vereidigung der neuen griechischen Regierung laufen die Gespräche über den geplanten Schuldenerlass für das krisengeschüttelte Land an. Man stehe zu der auf dem Euro-Gipfel am 26. Oktober getroffenen Vereinbarung, sagte Weltbankenverband IIF-Geschäftsführer Charles Dallara am Donnerstag in Frankfurt. Die Finanzinstitute hatten sich damals zu einem freiwilligen
Schuldenschnitt von 50 Prozent bereiterklärt. Die für Griechenland getroffene Lösung dürfte allerdings nicht für andere Länder angewendet werden. "Griechenland muss ein Einzelfall bleiben", forderte Dallara.
Über den Anleihetausch soll die Schuldenlast des Euro-Landes bis 2020 um 100 Mrd. Euro reduziert werden. "Wir haben zwei Modelle im Kopf. Eines, das für alle gelten würde, und eines, das zwei verschiedene Optionen anbietet", hatte Dallara betont. Viel Verhandlungsspielraum sieht der IIF-Geschäftsführer allerdings nicht: "Es ist klar, dass wir die Verluste auf den Netto-Barwert für die Investoren so klein wie möglich halten müssen." Die meisten Geldinstitute und Versicherer haben ihren Bestand an griechischen Staatsanleihen inzwischen schon entsprechend abgeschrieben. Größere Verluste drohen im Zuge der Gläubigerbeteiligung also nicht mehr. Die Details der Transaktion sind allerdings noch völlig offen.
Um die Verhandlungen mit der griechischen Regierung und der EU zu beschleunigen, sei ein Gläubigerausschuss gebildet worden, so Dallara. Dem Ausschuss gehören 450 führende Gläubiger an - Banken, Versicherer und Hedgefonds. Die Investoren stünden zu ihrer Zusage vom Oktober, dem kriselnden Griechenland nominal 50 Prozent seiner Schulden zu erlassen, betonte Dallara, der seinerseits eine sehr hohe Beteiligung der privaten Banken bei der Schuldenreduktion erwartet. Nach den Worten von Vize-Geschäftsführer Hung Tran hofft der IIF, eine Einigung noch bis Jahresende zu erreichen. Der Anleihetausch könnte dann Anfang 2012 umgesetzt werden. Finanzminister Evangelos Venizelos gab sich zuversichtlich: "Unser Ziel ist es, den Anleihetausch so zu gestalten, dass ihm möglichst viele private Gläubiger zustimmen."
Budgetentwurf
Für Unsicherheit sorgte zuletzt auch der Regierungswechsel in
Athen: Zwar genießt der neue Ministerpräsident Lukas Papademos, einst Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), international hohes Ansehen. Doch der Technokrat muss nun eine Koalition aus politischen Erzfeinden zusammenhalten und zu Reformen bewegen. Die an der Koalition beteiligten Konservativen haben bereits signalisiert, dass sie die Auflagen mit den internationalen Geldgebern neu verhandeln wollen. Das macht die Banken nervös.
Dem griechischen Parlament soll am Freitag der Entwurf für den Haushalt für das kommende Jahr vorgelegt werden. Verzweifelt suche das Land nach 57 Milliarden Euro Einnahmen damit das Land erstmals Ende 2012 einen sogenannten primären Überschuss aufweise, heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums. Zu den Sparzielen der Regierung Papademos schrieb die Athener Zeitung To Vima auf ihrer Internetseite, es käme "einem Wunder" gleich, wenn Athen dieses Ziel erreichen würde.
Die Fakten zeigten, dass dies eher nicht der Fall sein werde. Bereits in diesem Jahr "hechelten" die Einnahmen hinter den Zielen her. Die Einnahmen durch Steuern aller Art sollen bis zum Jahresende 50 Milliarden Euro erreichen. Bis Ende Oktober waren aber nur 38 Milliarden in die Staatskassen geflossen.
Proteste
In Athen und anderen Städten gingen indes mehrere tausend Menschen gegen das Sparprogramm auf die Straße. Rund 300 Vermummte sorgten für Krawalle vor dem Parlament und der amerikanischen Botschaft. Brandflaschen wurden gegen die
Polizei geschleudert, Mülleimer angezündet, Schaufenster eingeschlagen. Die Beamten setzten Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzutreiben.
Aus Angst vor den Ausschreitungen hatte die Polizei ein großes Sicherheitsaufgebot zusammengezogen. Rund 7000 Polizisten waren im Einsatz. Die Polizei sperrte zahlreiche Straßen im Stadtzentrum sowie den größten Teil des Platzes vor dem Parlament.
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