Schulden: Felderer warnt vor Wahlzuckerln

Der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, warnt die Regierung vor der Verteilung von Steuerzuckerln vor der anstehenden Nationalratswahl 2013. Zwar liege Österreich gut, aber es sei notwendig, mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt - das heißt, zumindest nur geringe Defizite - zu machen, so der Experte bei der Präsentation des jährlichen Berichts über die öffentlichen Finanzen 2011. Das Absinken des Defizits im Vorjahr führt der Ausschuss vor allem auf die gute heimische Konjunktur zurück.
3 Prozent Wachstum
Die Defizit-Reduktion von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2010 auf 2,6 Prozent im Jahr 2011 sei vor allem auf die erfreuliche Konjunkturlage und die Konsolidierungsmaßnahmen zurückzuführen, so Felderer. Letztere seien gar nicht so "dramatisch scharf" gewesen, meinte der Experte: Es habe sich beim Sparpaket von Loipersdorf (vom Oktober 2010) eigentlich um eine schwache Konsolidierung gehandelt - was aber ein Vorteil gewesen sei, da dies das Wachstum nur geringfügig gedämpft habe. Damit erreichte das Wirtschaftswachstum 2011 im Vergleich zum Jahr davor real ein Plus von 3 Prozent (nominell rund 5 Prozent).
Bankenhilfe
Bei den heimischen Bankenhilfen rechnet Felderer - im Gegensatz zu den Hilfen für die maroden EU-Staaten - kaum damit, dass die Gelder wieder retour kommen werden: "Ich glaube, dass das schwierig sein wird." Ausschließen könne er, dass der Steuerzahler gar kein Geld verliert.
Skeptisch ist Felderer angesichts des Planes, die Staatsschuldenquote bis ins Jahr 2020 auf 60 Prozent des BIP zu drücken. Hier habe man mit äußerst volatilen Faktoren zu tun; bleibt das BIP-Wachstum und das Defizit im Schnitt der vergangenen Jahre, dann ist das Ziel jedenfalls nicht erreichbar. Schaffen könnte man es, wenn das Defizit pro Jahr maximal 0,2 bis 1,4 Prozent des BIP beträgt, so die Berechnungen des Ausschusses.
Als Wunsch an die Regierenden formulierte Felderer neben einer strikten Absage an Steuererleichterungen ohne Gegenfinanzierung vor allem strengere Kontrollen der Gemeinden. Die Rolle der Gemeindeaufsicht sollte bei kommunalen Ausgliederungen forciert werden. Laut einer Erhebung des Ausschusses betragen die ausgelagerten Schulden der Gemeinden (ohne Wien) 22 Mrd. Euro - allerdings sind hier die Guthaben nicht gegengerechnet, da es dazu keine Daten gibt.
Schuldenstand pro Kopf geringer
Verbessert zeigt sich auch das Budgetsaldo pro Kopf in den einzelnen Bundesländern: Insgesamt reduzierte sich der Schuldenstand pro Kopf in den Ländern von 383 Euro 2010 auf 176 Euro im Vorjahr. Spitzenreiter ist Tirol mit einem Plus von 105 Euro, gefolgt von Vorarlberg (-19 Euro) und Burgenland (-38 Euro). Am höchsten ist der Pro-Kopf-Schuldenstand in Wien (-314 Euro), gefolgt von der Steiermark (-282 Euro) und Salzburg (-254 Euro).
Für recht gering hält Felderer die Möglichkeit, dass Österreich nach dem Verlust des Triple A bei der Ratingagentur Standard & Poor`s die Top-Bonität auch bei den anderen beiden bedeutenden Ratingagenturen (Fitch, Moody`s) verliert. Hier bestehe "keine Gefahr" derzeit - dies könne sich aber natürlich rasch ändern.
Ausgaben wuchsen kaum
Einen weiteren Grund für die Verbesserung des Budgets sieht Felderer im nur geringen Zuwachs der Staatsausgaben: Dieser betrug 2011 nur 1 Prozent des BIP (bzw. 1,5 Mrd. Euro). Zum Vergleich: 2010 wuchsen die Ausgaben noch um 3,6 Prozent (5,2 Mrd.), im Krisenjahr 2009 um 4,2 Prozent (5,9 Mrd.). Ebenfalls positiv stellt sich der Zuwachs der Staatseinnahmen dar: Diese wuchsen um 4,7 Prozent bzw. 6,5 Mrd. Euro. Im Jahr 2009 gab es hier noch ein deutliches Minus von 2 Prozent (2,7 Mrd. Euro).
Als erfreulich bezeichnete Felderer den Primärsaldo - also der Saldo ohne Zahlungen für Zinsen und Rücklagen -, dieser lag 2011 nahezu bei Null (-0,1 Mrd. Euro). Die Ausgaben für Zinsen lagen im Vorjahr bei rund 7,8 Mrd. Euro - das bedeute, dass diese Ausgaben ungefähr gleich groß waren wie das Defizit. Damit hätte Österreich ohne die Zinszahlungen sogar schon ein ausgeglichenes Budget, sagte Felderer.
Der Stand der öffentlichen Schulden ist im Vorjahr trotz der Defizitreduktion laut Bericht um 5,7 Prozent bzw. um 11,7 Mrd. Euro angestiegen - auf 217,4 Mrd. Euro bzw. 72,2 Prozent des BIP.
Für das Jahr 2012 wird ein Anstieg der Verschuldung auf 74,7 Prozent erwartet - laut Felderer u.a. auch bedingt durch Sondereffekt wie die Hilfsmaßnahmen für die Euroländer (diese sind zwar nicht defizitwirksam, wirken sehr wohl aber auf den Schuldenstand) sowie das heimische Bankenpaket (wirkt sowohl auf Defizit als auch Schuldenstand).
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