Schlecker soll von Pleite gewusst haben

Ein Mann mit gemustertem Hemd und dunklem Sakko blickt nachdenklich.
Schon im Jahr 2009 soll Anton Schlecker an einbrechenden Umsätzen eine drohende Zahlungsunfähigkeit erkannt haben.

Bereits drei Jahren vor der Pleite seiner Drogeriemarktkette soll Firmengründer Anton Schlecker einem Bericht des Spiegel zufolge um die drohende Zahlungsunfähigkeit gewusst und sie billigend in Kauf genommen haben. Angesichts der schon 2008 und 2009 dramatisch einbrechenden Umsätze habe Schlecker erkannt, "dass die Zahlungsunfähigkeit drohte", zitierte das Magazin am Sonntag aus dem Durchsuchungsbeschluss der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Sie hatte Mitte Juli Wohn- und Geschäftsräume der Familie Schlecker und zehn weiterer Verdächtiger durchsuchen lassen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Anton Schlecker und weitere Personen wegen des Verdachts auf Bankrott, Untreue und Insolvenzverschleppung. Laut Durchsuchungsbeschluss begannen Anfang 2009 "verdächtige unentgeltliche Vermögensübertragungen auf Familienangehörige": etwa die Übertragung des Familienanwesens in Ehingen im Wert von angeblich 20 Mio. Euro oder das "überhöhte Gehalt an Ehefrau Christa", wie der Spiegel weiter zitierte. Sie soll monatlich 60.000 Euro erhalten haben. Dies sei "angesichts der Ertragssituation nicht angemessen" gewesen.

Vorprüfungen seit Mitte Juni

Die Staatsanwälte kritisierten laut Bericht auch die "besondere Art der Unternehmensfinanzierung": Schlecker hatte demnach außergewöhnlich lange Zahlungsfristen, der Erlös aus bereits verkaufter, aber noch nicht bezahlter Ware diente zur Unternehmensfinanzierung. Dies sei eine Art "Schneeballsystem".

Schlecker habe sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern wollen, berichtete der Spiegel. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart war am Sonntag nicht für Nachfragen zu erreichen.

Der Durchsuchungsbeschluss war die Grundlage dafür, dass Ermittler vor einem Monat mehr als 20 Wohnungen und Geschäftsräume unter die Lupe nahmen. Bei der Razzia stellten die rund 160 eingesetzten Ermittler umfangreiche Unterlagen und Dateien sicher.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte Mitte Juni Vorprüfungen aufgenommen, ob die Schlecker-Pleite mit möglichen Straftatbeständen in Verbindung steht. Bei Insolvenzfällen wird routinemäßig die Staatsanwaltschaft informiert, im Fall Schlecker gaben die zunächst zuständigen Ulmer Ermittlungsbehörden die Aufgabe an die Kollegen in Stuttgart weiter, wo die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Wirtschaftsstrafsachen sitzt.

Schlecker hatte Ende Jänner Insolvenz angemeldet, eine Rettung scheiterte. Ende Juni schlossen deutschlandweit die letzten Filialen, rund 25.000 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. In Österreich hat der Investor Rudolf Haberleitner die 900 Schlecker-Filialen - sowie rund 450 Filialen in Italien, Polen, Belgien und Luxemburg - gekauft. Der neue Eigentümer will aus den Schlecker-Geschäften Nahversorger namens "dayli" machen, nicht mehr als 10 Mio. Euro will er in den Umbau investieren.

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