Schaufensterpuppen spionieren Kunden aus

Kamera mit Gesichtserkennungs-Software im Puppenauge installiert. In Österreich noch nicht aktiv.

Falls Sie sich in naher Zukunft beim Einkaufen von seelenlosen Modepuppen beobachtet fühlen, können wir beruhigen: Sie sind nicht paranoid. Der eher beunruhigende Aspekt dabei: Mehrere führende Modeketten spionieren ihre Kunden offenbar mit Hilfe von Schaufensterpuppen aus.

In den Puppenaugen sei eine Videokamera mit einer Software zur Gesichtserkennung installiert, berichtete die Berliner Zeitung unter Berufung auf den italienischen Hersteller Almax. Die sogenannten "EyeSee-Mannequins" könnten Alter, Geschlecht und Ethnie eines Kunden feststellen; die Modefirmen könnten so ihre Auslagen und ihr Personal gezielter an die Kundschaft anpassen.

Noch nicht in Österreich

Bisher seien keine Schaufensterpuppen nach Österreich geliefert worden, so Almax-Geschäftsführer Max Catanese. "Das kann sich jedoch bald ändern, weil das Interesse an unserem Produkt sehr groß ist und die Anfragen stark wachsen“, meint Catanese.

Ein Schaufenster mit Mannequins in roter Dessous-Mode und großen Schleifen, gesehen durch einen Passanten mit Regenschirm.

In Deutschland werden die Überwachungspuppen dem Zeitungsbericht zufolge auch noch nicht eingesetzt. Es gebe aber Interesse aus Deutschland, sagte Catanese der Zeitung. In Europa und den USA würden vor allem Modeketten mit großen Filialen bereits mit den Überwachungspuppen arbeiten. Er verhandle derzeit mit mehreren führenden Modeketten über einen flächendeckenden Einsatz. Seit Dezember 2011 habe Almax mehrere Dutzend Exemplare der 4000 Euro teuren Puppen ausgeliefert, noch einmal so viele seien bestellt.

Datenschutz, quo vadis?

Bedenken der Datenschützer wegen möglicher Verletzung der Privatsphäre weist Catanese zurück. In großen Kaufhäusern und Shops im Topsegment seien rund um die Uhr Videoanlagen im Einsatz, die Bilder der Kunden aufnehmen. Die Schaufensterpuppen würden keine Bilder der Kunden aufnehmen, sondern lediglich Informationen über Alter, Geschlecht und Ethnie vermitteln. Dadurch entstehe keine Verletzung der Privatsphäre der Einzelperson. Diese statistischen Informationen über die Kunden seien für Modeketten und Kaufhäuser bei der Planung ihrer Arbeit sehr wichtig. Die Software für die Schaufensterpuppen sei zusammen mit der Polytechnik-Universität in Mailand entwickelt worden.

Datenschützer halten den Einsatz der Puppen für bedenklich. Peter Schaar, deutscher Bundesbeauftragter für Datenschutz, sagte der Zeitung, er halte dies "rechtlich für mehr als zweifelhaft". Auch bei entsprechenden Hinweisen sei "solch eine Überwachung kaum zu rechtfertigen".

Zusammen mit der "regulären" Videoüberwachung in Geschäften, mit der Identifizierung beim Bezahlen mit EC- oder Kreditkarte, Kundenkarten und Funketiketten ließen sich mit den Videodaten detaillierte Kundenprofile anlegen. "Eine solch lückenlose Verhaltenskontrolle wäre datenschutzrechtlich unzulässig", kritisierte Schaar.

Kommentare