Schäuble: Steuerzuckerl nur für echte Forschung

Wolfgang Schäuble spricht vor einem blauen Hintergrund mit einem Weltkugel-Logo.
Deutschlands Finanzminister überlegt Steuervorteile für Patente - wenn Schlupflöcher geschlossen sind.

Die Schweiz und Deutschland wälzen - wie vom KURIER berichtet - Pläne, in ihrem Steuersystem eine sogenannte Patentbox einzuführen. Die Maßnahme gilt als umstritten: Eigentlich ist das Instrument zur Förderung der Forschung und Innovation gedacht. Viele Länder benutzen Patentboxen aber, um internationale Konzerne anzulocken. Sie gestalten die Steuerregeln so, dass sie von Unternehmen missbraucht werden können, um ihre Steuerlast in der Heimat kleinzurechnen.

Nur für Forschung im Inland

Am Wochenende tagen die Finanzminister der G20, der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, im australischen Cairns. Davor präzisierte Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, was ihm konkret vorschwebt: Die Wirtschaft in Deutschland könne auf eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung hoffen. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich die G20 auf eine einheitliche Linie bei der Besteuerung sogenannter Patent- und Lizenzboxen einigten, sagte Schäuble zu Reuters.

Wenn Steuervorteile für Patente und Lizenzen nur noch dann gewährt würden, wenn sie mit der Forschung im jeweiligen Land verbunden seien, könne man auch in Deutschland „über eine vergleichbare Regelung nachdenken“, so Schäuble. Seiner Auffassung nach sollte Schluss sein mit Praktiken mancher Länder, innovative Firmen mit niedrigen Steuersätzen zu veranlassen, Patent- und Lizenzeinnahmen dorthin zu verschieben. Deutschland betrachtete solche Fälle bislang als eine Form des Steuerwettbewerbs zwischen Staaten mit unlauteren Mitteln.

Mit Patent- und Lizenzboxen bieten eine Reihe von Staaten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Gewinnanteile aus neuen Produkten dort weitaus geringer besteuern zu lassen als übrige Firmengewinne. Das wiederum schafft für Unternehmen den Anreiz, Gewinne aus Lizenzen und Patenten aus Ländern, die solche Vorteile nicht bieten - wie Deutschland - in steuergünstige Staaten zu verschieben.

Forderung der Wirtschaft

Schäuble sagte, es gebe zwar noch Differenzen mit „ein, zwei europäischen Ländern“ in dieser Frage. „Ich bin aber zuversichtlich, dass das ausgeräumt werden kann.“ Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung wird seit langem von der deutschen Wirtschaft und Fachpolitikern gefordert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ( BDI) hatte erst Anfang der Woche beklagt: „Die Besteuerung von Forschungsergebnissen ist in Deutschland fast sechsmal so hoch wie in den Niederlanden und dreimal so hoch wie in Großbritannien.“ Der BDI fordert daher auch in Deutschland Patentboxen mit einer niedrigeren Besteuerung, um mehr Anreize für die Forschung zu schaffen. Derzeit werden Unternehmensgewinne und damit auch Gewinne aus Patenten und Lizenzen in Deutschland mit rund 30 Prozent besteuert. Im Gespräch ist nun, für Patentboxen einen Satz von zehn oder 15 Prozent zu erheben. Schäuble selbst wollte sich zur Größenordnung eines Steuersatzes aber nicht äPußern.

G20 wollen Löcher stopfen

Die G20 ist derzeit bemüht, in einem weltweiten Rundumschlag Steuerschlupflöcher zu stopfen. Schäuble rechnet damit, dass beim Treffen in Cairns erste Schritte bei der Umsetzung eines aus 15 Punkten bestehenden Aktionsplans gelingen werden. Das betrifft laut Schäuble auch wesentliche Grundsätze, wie künftig eine angemessene Besteuerung der digitalen Wirtschaft - also von Firmen wie Google oder Amazon - dort sichergestellt wird, wo sie ihre Geschäfte machen. Bislang können diese Firmen ertragbringende und damit steuerpflichtige Geschäfte in Länder mit Niedrigsteuern verbuchen.

Gegen Steuerbetrüger

Fortschritte erwartet Schäuble in absehbarer Zeit auch im Kampf gegen Steuerbetrüger. Bei einer Konferenz im Oktober in Berlin werde eine große Zahl von Staaten eine Vereinbarung zum „automatischen Informationsaustausch“ unterzeichnen. Danach würden sie sich verpflichten, nach einem neuen Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ab 2017 Informationen über Kapitalerträge, wie auch Kontenstände und Verkaufserlöse aus Finanzgeschäften anderen Ländern zur Verfügung zu stellen. Durchleuchtet werden sollen nach diesem neuen Standard nicht nur Konten von Privatpersonen, sondern auch juristischen Personen, wie Trusts und Stiftungen.

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