Russland sieht sich als Investoren-Paradies

Nach Brexit.Russische Aktien als "Fels in der Brandung" – Hoffen auf Rückkehr der Investoren.

Er fühlte sich an die Finanzkrise 2008 erinnert, sagt Alexei Batschurin, Chefhändler der Moskauer Investmentgesellschaft Renaissance Capital: In den Tagen nach der Brexit-Abstimmung in Großbritannien seien auf den Finanzmärkten drei Billionen US-Dollar "verbrannt" worden.

Russland habe sich hingegen als "Fels in der Brandung" erwiesen. Der Kursverfall russischer Unternehmen hielt sich mit maximal 3,5 Prozent tatsächlich in Grenzen. Fallende Ölpreise oder eine gerunzelte Stirn von Kremlchef Putin lösen häufig ähnliche Verluste aus. Schon am Ende des Handelstages waren die meisten Blue Chips wieder auf Vortagsniveau. Am Montag darauf legten etwa die Öl- und Gasförderer Lukoil oder Novatek wieder stetig zu, ebenso langfristige Staatsanleihen. Auch der Rubel ist stabil wie lange nicht.

Die Sanktionen aufgrund der Ukraine-Krise hätten Russland gezwungen, sich von der Abhängigkeit von westlichen Finanzmärkten zu befreien, wo sich Unternehmen mit schnellem Geld versorgen konnten, erklärt Alexander Golynski, Chefanalyst der staatsnahen Sberbank. Die internationale Isolation habe die Turbulenzen also minimiert. Die Brexit-Folgen könnten sogar positiv sein: Die Spaltung Europas werde sich vertiefen; die Gegner der Sanktionen gegen Russland würden sich durchsetzen. Experten glauben, dass die Investoren schon früher zurückkehren. Die Wirtschaftsagentur Bloomberg porträtierte Russland gar als "neues Paradies für Anleger". Ähnlich hatte sich Börsenhai George Soros geäußert.

Turbulenzen voraus

Europäische, vor allem britische Anleihen, seien vielen Anlegern momentan zu "heiß", glaubt Igor Kosak von der Investment-Gesellschaft TKB. Auf der Suche nach Alternativen würden sie sich für schnell wachsende Schwellenländer entscheiden. Weil Chinas Wachstum etwas lahmt, holten Brasilien und Russland in der Gunst auf. Vor allem russische Eurobonds liefen derzeit sehr gut.

Dazu sind russische Aktien extrem günstig. Noch jedenfalls. Es mehren sich die Anzeichen, dass die Rezession überwunden ist, sagt Jaroslaw Podsewatkin von der Moskauer Tradingfirma Atona. "Die Inflation geht zurück, die Wirtschaft wächst, Ölpreis und Rubel haben sich stabilisiert, wenn auch auf niedrigerem Niveau." Je mehr Kapital nach Russland zurückfließe, desto größer würden aber die Verwerfungen. Somit drohen auch hier turbulentere Zeiten.

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