Russland rechnet mit Herabstufung auf "Ramsch"
Mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit seines Landes auf Ramschniveau rechnet Russlands Wirtschaftsminister Alexej Ulukajew. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei "ziemlich hoch", sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) prüft gerade die Bonität Russlands und hat ein Ergebnis für Mitte Jänner in Aussicht gestellt.
Derzeit liegt die Note mit BBB- nur eine Stufe über Ramsch-Niveau. Die westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise und der stark fallende Ölpreise machen dem einst boomenden Schwellenland schwer zu schaffen.
Inflation in lichten Höhen
Angesichts des weiter abwärts taumelnden Rubel muss sich die russische Bevölkerung auch auf weiter auf steigende Preise einrichten. Im März oder April könnte die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr zwischen 15 und 17 Prozent liegen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur TASS Vize-Wirtschaftsminister Alexej Wedew am Mittwoch. Derzeit liegt die Preissteigerung bei gut elf Prozent.
Die russische Währung büßte seit Jahresbeginn bereits 16 Prozent an Wert gegenüber dem Dollar ein, nachdem sie 2014 um rund 41 Prozent abgestürzt war. Während derzeit die Ölpreise fallen, gibt auch der Rubel weiter nach. Der russische Staatshaushalt ist stark auf die Einnahmen aus dem Geschäft mit Gas und Öl angewiesen.
Russland leidet extrem unter den fallenden Ölpreisen und den Sanktionen, die der Westen im Ukraine-Konflikt verhängt hat. Wedew zufolge verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr vorläufigen Berechnungen zufolge auf etwa 0,5 bis 0,6 Prozent. 2013 war die russische Wirtschaft noch um 1,3 Prozent gewachsen.
Kürzungen quer durch den Staat
Die Regierung reagiert nun mit massiven Einsparungen: Über alle Ressorts hinweg soll der bisherige Haushaltsentwurf um zehn Prozent gekürzt werden, kündigte Finanzminister Anton Siluanowan an. Allein der Verteidigungsetat bleibt tabu.
Nach den neuen Etatplänen sollen die Ausgaben nur noch um fünf Prozent steigen. Zunächst war ein Plus von knapp zwölf Prozent vorgesehen. Dabei hatte die Regierung einen durchschnittlichen Ölpreis von 100 Dollar veranschlagt. Siluanow rechnet nun mit 50 Dollar und daher mit Einnahmeausfällen von 45 Milliarden Dollar.
Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken oder Staaten und sind damit äußerst einflussreiche, aber auch umstrittene Akteure auf dem Finanzmarkt. Dabei fließen veröffentlichte Zahlen ebenso ein wie Brancheneinschätzungen. Die weltweit bedeutendsten Ratingagenturen sind Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch.
Eine mögliche Änderung des Ratings kündigen die Agenturen in aller Regel über eine Veränderung des Ausblicks an. Dafür gibt es die Stufen "positiv", "stabil" und "negativ".
Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners beurteilen, desto teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen. Die Refinanzierungskosten steigen, schlimmstenfalls ziehen Geldgeber ihr Kapital ab. Am Rating orientieren sich nicht nur Banken, sondern auch andere Investoren.
Kommentare