Renault-Österreich-Chef: "Ich warne vor Schadenfreude"

Uwe Hochgeschurtz: Bei Elektroautos ist nicht mehr der Preis das Thema, sondern eher die Reichweite.
Der französische Konzern will VW-Kunden keine speziellen Angebote machen.

Die Manipulation von Abgaswerten erschüttert die Autobranche. Was der Skandal für die Motorenentwicklung bedeutet, erklärt Renault-Chef Uwe Hochgeschurtz.

Herr Generaldirektor, hat Renault auch geschummelt bei den Dieselmotoren?

Uwe Hochgeschurtz: Bei Renault gibt es keine Softwareprogramme, die Abgaswerte manipulieren. Der Kunde bekommt, was wir ihm versprechen.

Erwarten Sie kurzfristig Erfolge, also dass enttäuschte VW-Käufer zu Renault wechseln?

Ich warne immer vor Schadenfreude, das ist nicht unser Stil.

Es wird kein Angebot für enttäuschte VW-Fahrer geben?

Es gibt immer gute Angebote in Bezug auf Technologie, Image, Preis und Langlebigkeit. Aktuelle Angebote aus niedrigen Gründen wird es nicht geben, das würde der Kunde auch nicht schätzen.

Verbrennungsmotoren sind ohnehin eine alte Technologie. Warum setzt sich das Elektroauto nicht schneller durch?

Der Zuwachs an Elektroautos ist prozentuell höher als bei Hybridfahrzeugen, und das seit einigen Jahren.

Renault-Österreich-Chef: "Ich warne vor Schadenfreude"
Interview mit dem deutschen Generaldirektor von Renault Österreich Uwe Hochgeschurtz in der KURIER-Redaktion in Wien am 23.09.2015.

Aber auf niedrigem Niveau.

Ja, aber die Steigerung bei Elektro ist größer. Elektro ist sicher eine der besten Methoden, weil die Schadstoffe sofort auf Null reduziert werden. Der echte Effekt wird erst in den nächsten Jahren kommen, weil die meisten Hersteller nicht an Elektroautos geglaubt haben. Wir bei Renault schon und waren gleich die Nummer 1. Deshalb haben wir einen technologischen Vorsprung.

Elektroautos sind noch immer zu teuer.

Nein, die Preise nähern sich an und es gibt in einigen Bundesländern auch Förderungen. Der Preis ist nicht mehr das Thema, sondern eher die Reichweite. Da haben Sie bei unserem ZOE 240 km. Wenn das reicht, steigen Sie finanziell günstiger aus und Sie tun auch noch was für die Umwelt.

Herr Hochgeschurtz, Sie sind ja auch für die Schweiz zuständig. Welche Unterschiede gibt es da im Automarkt?

Beginnen wir bei den Gemeinsamkeiten: Ähnliche Größe und Einwohner. Aber da hört es auch schon auf. Hier gibt es mehr Diesel, das Bruttonationalprodukt in der Schweiz ist in etwa doppelt so groß wir hier, der Schweizer kauft eher größere Benziner, und besser ausgestattet.

Die Schweizer machen offenbar einiges besser als wir, beim Innovationsindex von A.T.Kearny liegen sie auf Platz 1, wir nur auf Platz 18.

Beide Länder sind gut aufgestellt, mit einem guten Bildungssystem und stabilen Verhältnissen. Innovative Unternehmen gibt es in beiden Ländern. Allerdings: Für viele Unternehmen ist es interessanter, sich in der Schweiz anzusiedeln, schon aus steuerlichen Gründen. Und dort ist der Arbeitsmarkt weniger reguliert. Das zieht die High Potentials, die produktiven Kräfte mehr an als Österreich.

Sie sagen also, Steuern runter, Arbeitsmarkt deregulieren?

Wenn Österreich zum Niveau der Schweiz aufsteigen will, muss es sich diese beiden Bereiche sehr gut anschauen. Und Österreich soll die eigenen Stärken ausspielen, die Anbindung an die osteuropäischen Länder ist ein Standortvorteil.

Renault-Österreich-Chef: "Ich warne vor Schadenfreude"
Interview mit dem deutschen Generaldirektor von Renault Österreich Uwe Hochgeschurtz in der KURIER-Redaktion in Wien am 23.09.2015.

Der Renault-Chef im Gespräch mit KURIER-Chef Brandstätter

Haben Sie das unseren Politikern schon gesagt?

Ja, selbstverständlich.

Was antworten die darauf?

Die antworten politisch.

Also sagen sie: Ja eh.

Die sagen ja, schau ma mal (lacht).

Wir sind in der EU, die Schweiz ist trotzdem internationaler.

Ja, das kann man grundsätzlich sagen. Es gibt dort viele internationale Konzerne, die ihren Sitz in der Schweiz haben, aber das Geschäft woanders. Österreich täte sicher gut daran, die Türen weit zu öffnen. Aber da sind wir wieder bei den Arbeitsmärkten, die müssten wir weiter deregulieren.

Sie sind ein Deutscher, der vor über einem Jahr von Paris nach Wien gekommen ist. Was hat Sie da am meisten erstaunt?

Wie schön die Stadt Wien ist. Wien ist bei weitem die attraktivste Stadt Europas.

Das wird der Bürgermeister gerne hören.

Das ist mir recht, wenn er es politisch nicht ausschlachtet (lacht). Die Geschichte Wiens ist einmalig, dazu das Kulturangebot und die Freizeitmöglichkeiten. Das ist alles natürlich ein Wettbewerbsvorteil. Die Steuern hingegen wieder nicht.

Aber Sie zahlen hier nicht mehr Steuern als in Frankreich.

Das weiß ich nicht, aber es ist sicher mehr als in der Schweiz. Das gilt sowohl für das Unternehmen, als auch für die Privatperson. Und das, obwohl die Leistungen in der Schweiz für die Bürger nicht geringer sind. Sicherheit, Verkehr und Infrastruktur sind hervorragend. Der Staat kommt mit weniger Geld aus, jedenfalls in Relation zum Bruttosozialprodukt.

Was hat Sie negativ in Österreich überrascht?

Sie haben zuerst gesagt, die Schweizer reden langsamer, also gut, aber die Österreicher reformieren langsamer. Das kann ich als Deutscher leicht sagen, weil es bei uns in den letzten zehn Jahren viele Reformen gab. Damals haben umgekehrt die Deutschen gesagt, warum die Österreicher schneller reformieren. Also jetzt sind Sie wieder dran. Sie sollten sich beeilen.

Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Alle reden vom selbstfahrenden Auto. Wollen Sie persönlich das eigentlich auch?

Ich glaube, es geht nicht um das Ziel, dass das Auto einmal autonom fährt, die echte Vision ist der Weg dorthin. Das bedeutet, dass wir auf diesem Weg Erfindungen machen werden, die das Autofahren sicherer und ökologischer machen und auch die Infrastruktur besser ausnützen. Navigationssysteme, Fahrassistenz und Sicherheitssysteme werden uns helfen, unsere Autos besser zu beherrschen.

Zur Person: Uwe Hochgeschurt

Seit April des Vorjahres ist der Deutsche Uwe Hochgeschurtz Generaldirektor von Renault Österreich (und Schweiz). Er besuchte zwischen 1984 und 1987 die Universitäten Wuppertal, Birmingham und Paris. 1989 absolvierte er die Universität Köln als Diplom kaufmann. Erste Berufserfahrungen sammelte er von 1990 bis 2001 bei Ford, wo er diverse Positionen im Verkauf und Produkt management besetzte. 2001 wechselte er als Marketingleiter Nutzfahrzeuge zu VW. Seit 2004 ist er bei Renault tätig, zunächst im Bereich Nutzfahrzeuge.

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