Reisebüros befürchten Pleitenwelle: "Unsere Gelder sind irgendwo auf der Welt“
Die Corona-Krise trifft die heimischen Reisebüros und Reiseveranstalter gleich doppelt. Die Buchungen für Urlaubs- und Geschäftsreisen sind eingebrochen, es gibt kaum Neugeschäft. Das ist für die rund 2.260 Reisebüros und 720 Veranstalter mit insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeitern schlimm genug.
Doch die Branche hat ein weiteres Problem. Wird eine Reise abgesagt, müssen die Kunden laut Pauschalreise-Gesetz ihre Anzahlung zur Gänze zurück bekommen.
„Die Reisebüros decken mit den Anzahlungen teilweise ihren laufenden Betrieb ab, von der Miete bis zu den Personalkosten“, erklärt Helmut Hirner, Obmann des Österreichischen Vereins für Touristik (ÖVT). Ein weiterer Teil der Anzahlungen ist bereits weltweit an Airlines und Hotels weitergeflossen, bei denen für die Kunden gebucht wurde.
Obwohl die Konsumenten ihre Reisen Corona-bedingt nicht antreten können, seien viele Fluglinien und Hotels nicht bereit, die Anzahlungen zurück zu überweisen. „Die meisten großen Airlines weltweit haben die Rückzahlungen ausgesetzt“, empört sich Hirner. Einige Fluggesellschaften würden stattdessen Gutscheine anbieten.
In der Liquiditätsfalle
Etliche Hotels, die ebenfalls bereits Anzahlungen erhalten haben, würden nicht einmal reagieren. „Unsere Gelder sind irgendwo auf der Welt. Ein Hotel in Ägypten beispielsweise denkt doch nicht daran, die Anzahlung zurück zu überweisen“, ärgert sich Hirner. Reisebüros und Veranstalter könnten Regress einklagen, „aber wann und ob wir das Geld jemals sehen, ist fraglich“.
Damit sitzen die Unternehmen in der Liquiditätsfalle. Für sie heißt es „Geld zurück“, das sie allerdings längst nicht mehr haben. „Es ist ja schön, wenn wir Haftungen und Überbrückungskredite bekommen, aber das verschiebt das Problem nur nach hinten“, argumentiert der ÖVT-Chef.
Die mehr als 200 Mitgliedsbetriebe des ÖVT, vor allem KMUs, appellieren an die Regierung und fordern einen staatlichen Schutzschirm. In Form einer Entschädigung für abgesagte Pauschalreisen von 10 Prozent des Umsatzes für Reisebüros und 20 Prozent für Veranstalter. Lebens- und Finanzministerium prüfen derzeit. Hirner versucht, Druck zu machen: „Die Zeit drängt. Vor allem kleinen Reisebüros steht das Wasser bereits über dem Kopf. Sie überleben eine Situation wie diese maximal zwei Monate.“andrea hodoschek
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