Registrierkassen: Pflicht könnte kassiert werden
Rund 900 Millionen Euro will VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling durch die Betrugsbekämpfung für die Gegenfinanzierung der Steuerreform aufbringen. Ein zentraler Punkt ist die verpflichtende Einführung von Registrierkassen, die nicht manipuliert werden können. In der Gastronomie und im Wirtschaftsbund, aus dem Schelling ebenso wie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner politisch kommen, hat sich erwartungsgemäß heftiger Widerstand formiert. Sodass innerhalb der Finanz bereits befürchtet wird, die Kassenpflicht könnte kippen.
Wird das Betrugspaket tatsächlich wieder aufgeschnürt, kann Schelling auf die 900 Millionen vergessen. Die Summe hält nur, wenn alle Maßnahmen ineinandergreifen: Kassen, Belegpflicht und die Sicherheitslösung. Steuer-Experten schätzen, dass bei einer Aufweichung kaum mehr als als 500 Millionen Euro in die Staatskassen fließen würden.
In drei bis vier Wochen soll der Gesetzesentwurf stehen und zur Begutachtung ausgeschickt werden. Aus dem Finanzministerium heißt es, dass das Paket nicht aufgeschnürt wird. Man werde sich zwar Härtefälle anschauen, Stichwort Verschiebung der Mehrwertsteuer-Erhöhung für die Hotellerie. Die Kassenpflicht aber, die sei fix.
Man darf gespannt sein. Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl hat bereits angekündigt, "bis zur letzten Patrone" gegen "so einen Unsinn", gemeint ist die Kassenpflicht, zu kämpfen. Inzwischen schwächt Leitl etwas ab. Er sei prinzipiell dagegen, aber wenn die Verpflichtung schon komme, dann ohne Schikanen für die Betriebe.
Fragt sich, wann beginnt das Schikanieren und wo wird die Umsatzgrenze gezogen, ab welcher die Kassen klingeln müssen.
Über die Kosten der elektronischen Kassen und des Sicherheitssystems geistern teilweise völlig überhöhte Horror-Zahlen von Tausenden Euro herum. Ein neues Kassensystem für einen größeren Mittelbetrieb beläuft sich laut Schätzungen der Finanz auf bis zu 2500 Euro.
Voraussetzung ist jedoch die Verhinderung von Manipulationen. Gerade mit elektronischen Kassen können Umsätze problemlos am Finanzminister vorbeiserviert werden. Entweder durch Phantomware, die bereits in der Buchhaltungssoftware installiert ist. Oder durch externe Softwareprogramme, sogenannte Zapper, auf die über einen USB-Stick, eine CD oder einen Internetlink zugegriffen werden kann. Der Vorteil: Mit diesen Systemen können auch die Mitarbeiter kontrolliert werden.
Im Finanzministerium wird INSIKA (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) präferiert, ein auf einem Sicherheits-Chip basiertes, in Deutschland von den Finanzbehörden entwickeltes System. Ist eine Kasse ordnungsgemäß upgedatet, kostet die Implementierung von INSIKA einige Hundert Euro.
Teurer wird’s bei veralteten Kassen. Seit 1999 wurden die Gesetze drei Mal aktualisiert, um die Kassen sicherer gegen Hinterziehung zu machen, doch um die Umsetzung scherten sich viele Betriebe nicht. Als die Finanzpolizei im Vorjahr mehr als 1500 sogenannte "Kassennachschauen" durchführte (Überprüfungen vor Ort), stellte sich heraus, dass mehr als ein Drittel grobe Mängel hatte. Bei fast 80 Prozent beanstandeten die Prüfer formelle Mängel.
Inzwischen lobbyieren Wirtschaftstreuhänder für private Sicherheitslösungen. In Österreich sind derzeit rund 300.000 Kassen aufgestellt. Wäre ein gutes Geschäft. Experten im Finanzministerium warnen dringend davor, mehrere Systeme zuzulassen. Außerdem sei die Implementierung von INSIKA wesentlich kostengünstiger, da keine Lizenzzahlungen anfallen.
Die Bevölkerung steht hinter dem Kampf gegen den Steuerbetrug, das ergeben alle aktuellen Umfragen. Kein Wunder, dass sich die Gastronomie unter Generalverdacht fühlt. Allerdings sind auch unter den Wirten die Meinungen geteilt. Als Berndt Querfeld, Eigentümer des Wiener Traditionscafés Landtmann und Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser, in einer Aussendung an seine Kaffeesiederkollegen gegen die Kassenpflicht wetterte, bekam er nicht nur Zustimmung. "Wir wissen alle, wie es läuft und da gehört endlich Schluss gemacht damit, weil es auch eine Wettbewerbsverzerrung ist", konterte Manfred Stallmajer vom Café Drechsler. Er fragt Kollegen Querfeld, wie er "gerade als Wirtschaftskammervertreter" gegen die Kassenpflicht sein könne.
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