Regierung: Rücktritte von Lebensversicherung unattraktiver

Regierung: Rücktritte von Lebensversicherung unattraktiver
Liste Pilz und Arbeiterkammer nennen ÖVP/FPÖ-Entwurf für den Durchschnittskunden "hochproblematisch".

Die ÖVP/FPÖ-Regierung will den lebenslangen Rücktritt von Lebensversicherungen im Fall von falscher oder fehlender Belehrung um einiges unattraktiver machen. Betroffene sollen bereits 2019 deutlich weniger Geld herauskommen. Die Arbeiterkammer und die Liste Pilz kritisieren den türkis-blauen Vorstoß.

"Betroffen sind vor allem jene Konsumenten, die in den vergangenen Jahren eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen haben und bei denen sich das von der Versicherung oder vom Vermittler versprochene Renditeversprechen nicht erfüllt hat", sagte AK-Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic am Montag in einer Aussendung. Es gebe in Österreich rund 2,4 Millionen Fondspolizzen, viele davon steckten in Fremdwährungskrediten als Tilgungsträger.

Die geplanten neuen Regeln für den Rücktritt seien unfair gegenüber den Kunden, so die AK, die eine längere Übergangsfrist sowie eine finanzielle Besserstellung von rücktrittswilligen Kunden mit schon länger laufenden Verträgen fordert.

Liste Pilz: Regierung straft Konsumenten

Die Liste Pilz sieht dem am Tag der Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft eingebrachten Initiativantrag als "hochproblematisch" an, denn es werde "im Interesse der Versicherungswirtschaft" in laufende Verträge eingegriffen. Die Regierung bestrafe die Konsumenten für die Fehler der Versicherungen und widerspreche explizit geltenden EU-Richtlinien. "Besondere politische Verantwortung trifft hier die FPÖ, die sich ja als Partei des 'kleinen Mannes' sieht."

Auch für Verbraucherschützer und Ex-Liste-Pilz-Mandatar Peter Kolba ist klar: Die Regierungspläne widersprächen sowohl österreichischem als auch EU-Recht. Der Gedanke des Rücktritts werde "pervertiert", wie Kolba sagte.

Das ewige Rücktrittsrecht von Lebensversicherungen, bei denen die Kunden falsch oder gar nicht über ihr Rücktrittsrecht belehrt wurden, ist der Versicherungswirtschaft schon lange ein Dorn im Auge. Bereits zweimal haben die Versicherungen vergebens versucht, das lebenslange Recht, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) Verbrauchern im Jahr 2013 eingeräumt hat, zu Fall zu bringen.

Rücktritte für Versicherer teuer

Wenn viele fehlerhaft über den Rücktritt belehrte Menschen - betroffen sind laut Kennern der Materie rund fünf Millionen Polizzen - von ihrer Lebensversicherung zurücktreten wollen, kommt das die Anbieter insgesamt sehr teuer. Nach derzeitiger, vom Obersten Gerichtshof (OGH) festgelegter Rechtslage, bekommen nämlich falsch belehrte Versicherungsnehmer, die ihre Polizze loswerden wollen, ihr gesamtes Kapitals plus vier Prozent Zinsen jährlich ab dem Tag der Einzahlung. Im Gefolge des OGH-Entscheids haben bereits einige Gerichte Verbrauchern genau das zugesprochen. Die Versicherungen sehen dennoch einige juristische Unklarheiten, sie lobbyieren schon lange für eine Neuregelung des Rücktritts.

Nun haben sie dich durchgesetzt. Die Regierung will aber nicht den lebenslangen Rücktritt an sich beschneiden, sondern ihn deutlich unattraktiver machen. Verbraucher, die wegen Falschbelehrung zurücktreten wollen, müssen schon ab 2019 gegenüber der geltenden Rechtslage massive finanzielle Einbußen hinnehmen.

Verschlechterungen für Kunden

Wer innerhalb eines Jahres ab Vertragsabschluss zurücktritt, soll die eingezahlten Prämien zurückbekommen - aber ohne Zinsen. Bei Rücktritt ab dem zweiten bis zum Ablauf des fünften Jahres soll es nur mehr den von der Versicherung berechneten Rückkaufswert geben. Die Abschlusskosten (Provisionen) werden nicht berücksichtigt. Jedoch sollen Versicherungen eingetretene Veranlagungsverluste auf die Kunden überwälzen können.

Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sollen die Abschlusskosten bei Beendigung nach dem ersten Jahr und vor Ablauf des fünften Jahres nur anteilig berechnet werden können.

Noch vor Sommerpause im Parlament

Bei einem Rücktritt nach dem Ablauf von fünf Jahren sollen die Verbraucher nur mehr den Rückkaufswert bekommen, Provisionen werden auch noch abgezogen, so die Pläne der Regierung, die das ganze noch vor dem Sommer durchs Parlament bringen will.

Der sogenannte Rückkaufswert liegt in der Regel rund 20 bis 40 Prozent unter dem, was man bei einem Rücktritt herausbekommt. Den Rückkaufswert erhalten Kunden, die ihren Vertrag normal kündigen.

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