Papandreou geht - Neuwahlen im Februar
Sie pokern auf der Titanic", ärgerte sich ein griechischer Zeitungskommentator am Sonntag - und tatsächlich dauerte das Taktieren der beiden großen Parteien bis in die Abendstunden an. Erst nach dem Rapport bei Staatspräsident Karolos Papoulias konnte die Grundsatzeinigung der erbitterten Widersacher - Ministerpräsident
Giorgos Papandreou und Oppositionsführer Antonis Samaras - bekannt gegeben haben.
Die wichtigsten Punkte: Die regierenden Sozialisten und die Konservativen werden noch am Montag eine gemeinsame Übergangsregierung bilden, um Griechenland vor der Staatspleite zu retten. Nach der Umsetzung aller EU-Forderungen soll es am 19. Februar 2012 Neuwahlen geben. Diese Einheitsregierung wird nicht mehr von Papandreou angeführt werden.
Wie schwer beiden Seiten der Kompromiss fällt, ist daran abzulesen, dass am Montag über den neuen Regierungschef weiter verhandelt werden muss. Als mögliche Kandidaten werden der frühere EZB-Vizepräsident Lucas Demetrios Papademos (65), Ex-EU-Kommissar Stavros Dimas (70) und Ex-Außenminister Petros Molyviatis (83) genannt. Dieser hatte seinerzeit den Beitritt
Griechenlands in die Europäische Gemeinschaft ausverhandelt.
Papandreou hatte schon nach der Vertrauensabstimmung in der Nacht zum Samstag erklärt, an seiner Person werde eine Einigung nicht scheitern. Er will aber ein Machtvakuum vermeiden und deshalb vor seinem Rücktritt Chef, Ziel und Dauer der neuen Regierung fixieren. Der Hardliner Samaras besteht hingegen auf einem sofortigen Rücktritt.
Drohende Pleite
Griechenland braucht dringend eine tragfähige, breite Koalition, um nicht aus der
Eurozone zu fliegen. Mit der Unterstützung aller wichtigen Parteien müssen die strikten Sparvorgaben der EU-Partner zügig umgesetzt werden.
Die Billigung aller notwendigen Gesetze ist die Voraussetzung dafür, dass das neue Hilfsprogramm für Griechenland anläuft. Dann wäre auch der Weg frei für die nächste Tranche an Hilfskrediten in Höhe von acht Milliarden Euro, die derzeit auf Eis liegt. Zahlen die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) das Geld nicht aus, ist das Land - auch ganz offiziell - pleite.
Müsste Griechenland wieder Drachmen einführen, könnte es zwar die Landeswährung massiv abwerten und damit wettbewerbsfähiger werden. Die Produkte aller Unternehmen aber, die nach Griechenland liefern, wären für die Abnehmer dort schlagartig sündteuer und so gut wie unerschwinglich.
Das griechische Banken- und Pensionssystem würde vermutlich kollabieren. Alle internationalen Geldgeber wie Banken und Versicherungen müssten auf weit mehr Geld verzichten als im Fall des geplanten Schuldenschnitts von 50 Prozent.
Ja zum Euro
Die Bevölkerung in der Eurozone ist mittlerweile mehr als gespalten, wenn es darum geht, ob die Griechen den Euro behalten sollen. Laut einer Umfrage für das Magazin
Focus glauben 68 Prozent der Deutschen nicht, dass sich das hochverschuldete Griechenland in der Eurozone halten kann.
Die Griechen selbst wollen den Euro aber unbedingt: In einer Umfrage der Athener Zeitung Kathimerini gaben 67 Prozent an, dass das Leben schlechter sein werde, wenn das Land aus der Eurozone austritt. Nur 16 Prozent glauben, die Situation würde sich mit der Wiedereinführung der Drachme verbessern.
Euro oder doch Drachmen?
Wird Griechenland den Euro aufgeben (müssen)? Ganz ausgeschlossen wird das von Euro-Politikern nicht mehr, von einigen Experten wird es sogar vehement gefordert.
Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner ifo Instituts, sieht keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib in der Euro-Zone. "Die Griechen haben keine Chance, im Euro-Raum wettbewerbsfähig zu werden. Sie müssten ihre Löhne um die Hälfte senken."
Manche Unternehmen bereiten sich bereits vor. Der Reisekonzern TUI etwa hat griechische Hoteliers aufgefordert, einen Vertrag zur Absicherung gegen Währungsrisiken zu unterzeichnen. Wenn eine neue Währung eingeführt wird, will die TUI Hotelrechnungen auch in dieser zahlen können.
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