Ohne Geld für neue Jobs geht’s nicht

Menschen tragen rote Buchstaben, die das Wort „NO“ bilden.
Der EU-Fiskalpakt mit seinen Sparvorgaben bekommt immer mehr Gegner. Sie wollen Luft für Wachstumsimpulse.

Holland oder Hollande – beide könnten den Fiskalpakt zu Fall bringen oder zumindest für deutliche Verzögerungen bei seiner Annahme sorgen. Im März schlossen 25 Regierungschefs (nicht Großbritannien und Tschechien) einen Pakt: Ab Anfang 2013 soll es ausgeglichene Haushalte geben. Verschuldet sich ein Staat zu sehr, wird automatisch ein Defizitverfahren ausgelöst. Jetzt wackelt dieser schöne Plan gewaltig. In Holland ist die Regierung zerbrochen, weil sie sich auf keine Sparmaßnahmen einigen konnte, gewählt wird erst im Herbst. Und in Frankreich, der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Eurozone, könnte François Hollande am 6. Mai zum neuen Präsidenten gewählt werden. Er stemmt sich gegen den strikten Sparkurs und hat angekündigt, mit den EU-Partnern Verhandlungen über Änderungen des Fiskalpakts aufnehmen zu wollen.

Gegen Spardiktat

Doch nicht nur in Frankreich und in den Niederlanden regt sich Widerstand gegen das Spardiktat. Die Bevölkerung sieht den Fiskalpakt als "Sparen auf dem Rücken des kleinen Mannes". Auch Ökonomen sagen: Ein Sparkurs, um die Budgetdefizite in den Griff zu bekommen, muss zwar sein. Aber er muss von einem Wachstumspakt begleitet werden. Nur neue Steuern zu erfinden und Staatsausgaben zu kürzen ist zu wenig: Das bremst derart, dass etliche Länder in die Rezession rutschen werden. Im Tief sinken aber erst wieder die Steuereinnahmen, der Sog nach unten verstärkt sich. Es muss also etwas für Wachstum und neue Jobs getan werden.

Am Donnerstag zeigte sich einmal mehr, wie dringend Wachstumsimpulse nötig wären. Die EU-Kommission gab bekannt, dass sich das Wirtschaftsklima in der Eurozone im April überraschend stark eingetrübt habe. Industrie, Dienstleister, Baubranche, Verbraucher – überall nahm der Pessimismus zu. Kein Wunder, dass in Brüssel große Hektik herrscht. Und es gibt bereits erste Reaktionen: Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte "weitreichende Entscheidungen" beim EU-Gipfel im Juni an. Einen eigenen Wachstumsgipfel schloss er nicht aus, ein möglicher Termin wäre Ende Mai, Anfang Juni. Van Rompuy räumte aber ein, dass "Wachstumsstrategien und die Schaffung von Jobs Zeit brauchen". Bundeskanzler Werner Faymann: "Sparen und investieren sind keine Gegensätze", er findet den Fiskalpakt notwendig, aber auch Maßnahmen für Wachstum.

Verzahnung

Der Sparpakt dürfte also mit einem Wachstumspakt verzahnt werden. Bereits jetzt ist er mit dem Rettungsfonds ESM verknüpft, der am 1. Juli starten soll. Hilfen aus dem Fonds sollen nur Länder erhalten, deren Parlamente den Fiskalpakt beschlossen haben. In Österreich sind ESM und Fiskalpakt noch nicht durchs Parlament. Für die nötige Zweidrittelmehrheit muss die Koalition eine Oppositionspartei gewinnen. Die Grünen wären bereit, stellen aber Forderungen. Sie wollen – nach Vorbild des deutschen Bundestages –, "dass auch österreichische Abgeordnete ein Mitspracherecht haben, wenn ESM-Gelder vergeben werden", sagt Abgeordneter Alexander van der Bellen. Die Grünen wollen auch die Einführung der Finanztransaktionssteuer zumindest in einem Teil der Eurozone. Van der Bellen ist zuversichtlich, dass die Ratifizierung vor Anfang Juli erfolgt.

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