Österreicher sind Schweizern beim Bahnfahren auf den Fersen

Österreicher sind Schweizern beim Bahnfahren auf den Fersen
Europaweit wird nur im Nachbarland jetzt öfter der Zug genutzt. Bis 2022 soll Österreich voran liegen.

Rechnen sich die Investitionen in die österreichischen Schienenbahnen? Wie viele Arbeitsplätze schaffen sie und welche volkswirtschaftliche Effekte haben sie? Erstmals hat eine umfassende Studie diese Fragen untersucht, das Ergebnis ist: Österreich ist in vielen Bereichen top, es gibt aber auch Aufholbedarf.

Mit 2255 Kilometern pro Jahr und Kopf wird in Österreich EU-weit am meisten Bahngefahren. Dahinter folgen Tschechien (1860) und Frankreich (1555), der EU-Durchschnitt liegt bei 1090. In Europa liegt nur die Schweiz (2610) vor Österreich, doch auch sie werde man einholen, glaubt Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbands Schienenbahnen der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), der die Studie „Bahnland Österreich“ in Auftrag gegeben hat. Wenn die finanziellen Mittel so wie geplant zur Verfügung gestellt werden, sollten die Schweizer noch in dieser Legislaturperiode überholt werden können, glaubt Scheiber.

In der Studie untersucht wurden die ÖBB, der innerstädtische öffentliche Verkehr, private Regional- und Güterbahnen sowie die Bahnindustrie. Nur die Westbahn wurde nicht berücksichtigt, diese hat laut Studienautor Christian Helmenstein keine Daten übermittelt. „Ich kann aber versichern, dass der Abdeckungsgrad der Studie 99 Prozent übersteigt“, so Helmenstein.

Starkes Zugpferd

Die Wertschöpfung der Bahnen lag 2016 bei 8,19 Milliarden Euro, das sind 2,6 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung Österreichs – was etwas ähnliches wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist. Es werden 101.179 Mitarbeiter beschäftigt, was der Bevölkerungszahl der Stadt Klagenfurt entspricht. Rund zwei Milliarden Euro werden jährlich in die Bahn investiert, der Rückfluss durch die jährliche Steuerleistung der Bahnen liegt bei 1,97 Milliarden Euro.

Eines der Zugpferde des Bahnlands Österreich sind die ÖBB. Auf sie entfallen mehr als die Hälfte der Wertschöpfung. Das Unternehmen beschäftigt 42.000 Mitarbeiter und gilt durch seine Größe als wichtiger Partner der Bahnindustrie. Nur durch diese Zusammenarbeit können starke Projekte auf internationalen Märkten umgesetzt werden, sagt Silvia Angelo, Vorstandsdirektorin der ÖBB Infrastruktur AG.

Gütertransport ausbaufähig

Nicht zu unterschätzen sind die öffentlichen Verkehrsmittel in den Ballungsräumen. Die Zahl der beförderten Gäste stieg von 2005 bis 2015 von einer Milliarde auf 1,27 Milliarden. Die Regionalbahnen wiederum dienen dem Wohlstand und der Entwicklung der ländlichen Regionen, hebt die Studie hervor.

Nach wie vor ausbaufähig ist der Gütertransport auf der Schiene. Derzeit können die Bahnunternehmen preislich mit der Straße nicht mithalten, auch weil Lkw flexibler als Güterzüge sind. Andreas Mandl, Vorsitzender des Ausschusses Güterverkehr in der WKO, sieht die Güterbahnen immerhin „als das Rückgrat des Schienengüterverkehrs.“ Bis in die letzte Zelle fahre aber der Lkw.

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