Ölpreis weiter auf Talfahrt

Seit Juni wurde Erdöl - wieder einmal - deutlich billiger. Von seinen Jahres-Höchstständen jenseits der 65 Dollar sackte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent Anfang dieser Woche unter die Marke von 50 Dollar (45,66 Euro). Da hatte er auch im Jänner schon einmal gestanden, ehe er sich etwas fing und hoch arbeitete. Doch diesmal könnte der Weg noch weiter nach unten führen: Der Ölpreis ist nur noch halb so hoch wie vor einem Jahr - und hat wieder das Niveau von 2009 erreicht.
Viele Faktoren spielen zusammen
Dabei drücken verschiedene Faktoren die Preise. Die Länder des OPEC-Kartells produzieren so viel Öl wie noch nie. In den USA ist der Fracking-Boom keineswegs gebrochen. Und der Iran steht in den Startlöchern, um zusätzliche Ölmengen auf den Markt zu bringen. "Der Iran wird zu jedem Preis verkaufen", schätzt Bukold. Auf der anderen Seite lahmt die Nachfrage. Chinas Industrie verliert an Wachstumstempo, aus den USA kommen verhaltene Konjunktursignale. Nicht nur Rohöl, sondern fast alle industriellen Rohstoffe werden gegenwärtig billiger. Die Experten der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris schätzen die globale Produktion von Rohöl gegenwärtig auf 95 Millionen Barrel pro Tag, die weltweite Nachfrage aber nur auf 93 Millionen Barrel. Diese Überproduktion drückt die Preise.
Gemischte Gefühle
Die Mineralölbranche betrachtet den anhaltenden Verfall mit gemischten Gefühlen. "Das ist schon eine ziemlich bemerkenswerte Entwicklung seit Mitte 2014", sagte der Hauptgeschäftsführer des deutschen Mineralölwirtschaftsverbands (MWV), Christian Küchen. Was Endverbraucher wie Autofahrer oder Heizölkunden, aber auch einige Ölimporteure in der Raffinerie- und Chemieindustrie freut, wird für Förderunternehmen und manche Dienstleister zunehmend zum Problem. Einerseits schlagen sich die günstigen Rohöl-Notierungen am Ende zum Beispiel oft in günstigeren Sprit- und Dieselpreisen nieder. Viele Vor- und Zwischenprodukte aus der Chemie könnten ebenfalls billiger werden. Doch wenn die Rohstoffpreise weiter derart sinken, müssen etliche Firmen auch Gewinnziele kappen und Investitionen drosseln.
Entwicklung im Iran
Der Branchenverband warnt vor allzu großen Erwartungen eines noch stärkeren Preisrutsches, falls die Wirtschaftssanktionen gegen Teheran zum Jahresende auslaufen. "Die Entwicklung im Iran bleibt die große Frage. Da müssen wir sehen, was passiert", meinte Küchen. "Viele Erwartungen sind schon jetzt in das Preisniveau eingeflossen." Beim Verbraucher kommt dies nicht unbedingt in vollem Umfang an, weil auf den Märkten noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Am stärksten wirkt der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar. Zum anderen gibt es bei Benzin und Diesel unterschiedliche Trends: Während Benzin weltweit stark gefragt ist und sogar von Europa in die USA exportiert wird, herrscht bei Diesel gegenwärtig ein Überangebot.
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