Öl-Großmacht Irak ist zurück
Der Irak kommt wieder zu Kräften, lässt Kriege und Sanktionen hinter sich. Zu verdanken hat er das seinen Rohöl-Reserven, die laut aktuellen Schätzungen die weltweit fünftgrößten sein sollen. Während Irans Öl-Exporte unter den vom Westen verhängten Sanktionen leiden, mausert sich der Irak zur Öl-Supermacht.
Mehr als 90 Prozent der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Handel mit dem kostbaren Rohstoff. Im August exportierte der Irak so viel Rohöl wie seit 30 Jahren nicht, teilte die staatliche Öl-Verkaufsagentur mit. Rund 2,5 Millionen Barrel Rohöl pro Tag seien im August ins Ausland verkauft worden.
Laut Internationaler Energieagentur (IEA) ist der Irak inzwischen nach Saudi-Arabien und Russland der drittgrößte Ölproduzent der Welt, innerhalb der Organisation ölexportierender Länder ( OPEC) ist er sogar der zweitgrößte. Zwar geht die OPEC von niedrigeren Zahlen aus, als sie der Irak vorlegt. Doch man erwartet, dass sich das Land mit seiner rasant steigenden Produktion zur neuen Öl-Supermacht entwickelt. Die Durchschnittsbevölkerung dürfte dennoch wenig profitieren: Geld, Macht und Einflussbereich des Ölsektors im Irak liegt in den Händen einiger weniger. Nur ein Prozent der irakischen Arbeitnehmer haben Jobs in der Ölindustrie.
Spannungsgebiet Kurdistan
Auch die im Norden des Landes gelegene autonome Region Kurdistan erlebt seit dem Ende des Regimes von Saddam Hussein Aufwind durch sprudelnde Ölquellen– das Geschäft verschärft aber die Spannungen. Denn das Verhältnis zwischen der autonomen Kurdenregion und der Zentralregierung ist heikel. Probleme bereitet vor allem die Frage der Aufteilung der Öl-Einkünfte. Seit 1970 ist Kurdistan autonom und hat mit seinen 4,7 Mio. Einwohnern neben einer eigenen Regierung auch eine Armee.
Aufgrund ihrer Autonomie kann die Region direkt mit ausländischen Öl-Konzernen und Investoren Lizenzverträge abschließen. Konzerne freut die Möglichkeit, Production Sharing Agreements mit guten Gewinnanteilen abschließen zu können. So lassen sich bessere Profite machen als mit der Zentralregierung in Bagdad. Diese fühle sich aber übergangen und verhänge verfassungswidrige Sanktionen über Unternehmen, die mit der Kurdenregierung Geschäfte machen, erklärt ein um Anonymität ersuchender Öl-Experte mit langer Erfahrung im Nordirak dem KURIER.
Derzeit kommt der Großteil des im Irak geförderten Rohöls aus dem Süden des Landes, in Kurdistan selbst wird noch intensiv exploriert. Von der Zentralregierung verhängte Sanktionen verbieten den im Kurdengebiet tätigen Öl-Konzernen den Zugang zum Rest des Landes – vor allem zum Öl-reichen Süden, wo sich die großen Lager befinden, sagt der Experte.
Konkrete Zahlen über die Öl-Reserven in Kurdistan gibt es nicht. Schätzungen sprechen von mehr als 40 Milliarden Barrel Rohöl in der kurdischen Erde. Die Gesamtreserven des Irak belaufen sich laut OPEC auf rund 141 Milliarden Barrel. Öl-Konzerne sind sich des enormen Potenzials in Kurdistan bewusst. Fast alle großen Konzerne sind vor Ort und finden sich damit ab, auf der "Schwarzen Liste" in Bagdad zu stehen – so auch die österreichische OMV.
Zu den größten Problemen Kurdistans zählen die eingeschränkten Exportmöglichkeiten. Die einzige Pipeline wird von der Zentralregierung verwaltet. 250.000 Barrel pro Tag könnte Kurdistan produzieren, harte Restriktionen wie monatelanges Nutzungsverbot der Pipeline machen dieses Potenzial zunichte. "Persönliche Animositäten zählen mehr als das Wohl des Landes", fasst der Öl-Experte das Verhältnis zwischen dem kurdischen und dem irakischen Öl-Minister zusammen.
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