Ökonomen streiten über Euro-Rettung

Der Appell von 170 Ökonomen gegen die Beschlüsse des EU-Gipfels sorgt für einen heftigen Streit unter den Wirtschaftswissenschaftlern und mit der Politik. Die Verfasser des offenen Briefes mit dem Münchner Ifo-Chef Werner-Hans Sinn an der Spitze kritisieren vor allem die geplante Bankenunion mit einer gemeinsamen Einlagensicherung. Mit den Beschlüssen würde nicht der Euro gerettet, sondern den Gläubigern der Krisenbanken geholfen. Die Steuerzahler der stabilen Länder wie Deutschland und Österreich würden enorme Haftungsrisiken tragen und seien Erpressungsversuchen der Krisenstaaten ausgesetzt. Aus Österreich schlossen sich Ex-IHS-Chef Bernhard Felderer und der Wiener Ökonom Ernst Streissler der Kritik an.
Den Politikern werfen die Kritiker Naivität vor, eine Begrenzung der Haftungssummen sei nicht möglich, solange die Schuldnerländer die strukturelle Mehrheit im Euroraum hätten. Kanzlerin Angela Merkel empfahl den Ökonomen, das Kleingedruckte der Beschlüsse zu lesen, von zusätzlichen Haftungen sei keine Rede. Die Kollegen der Volkswirte reagierten prompt: Sie warfen ihnen vor, "Ängste und Emotionen" zu schüren, aber keine eigenen Lösungsvorschläge vorzulegen.
Finnland
Die finnische Finanzministerin Jutta Urpilainen droht, eher aus dem Euro aussteigen zu wollen, als für die Schulden anderer Eurostaaten zu haften. Finnland sei ein überzeugter Anhänger des Euro, "dennoch wird Finnland nicht um jeden Preis am Euro festhalten."
Kritik an den EU-Beschlüssen kommt auch vom ehemaligen Magna-Chef Siegfried Wolf. Es sei nicht klug, große Summen in die Banken-Rettung zu stecken und darüber die Bürger zu vergessen. Es gebe auch "keine Verpflichtung, dass jedes Land gerettet werden muss".
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet fordert grundlegende Reformen und eine Bankenunion. Er ist überzeugt, dass der Euro überlebt.
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