ÖBB fuhren in vier Jahren eine Milliarde Verlust ein
Die wirtschaftliche Schwäche der ÖBB in den vergangenen Jahren ist nun in einem Rechnungshofbericht belegt. In der Prüfperiode (2007 bis 2011) verzeichnete die ÖBB-Gruppe Verluste von über 1 Milliarde Euro. Das Eigenkapital sank um 1,5 Milliarde Euro.
Die Verlustmilliarde bei den Österreichischen Bundesbahnen ist zu zwei Drittel der Güterverkehrssparte Rail Cargo und zu einem Drittel dem Personenverkehr zuzuschreiben. Besonders der Güterverkehr war eine Art schwarzes Loch der Staatsbahn: Zwischen 2008 und 2010 konnte die Rail Cargo "weder den laufenden Betrieb noch ihre Investitionen aus Eigenem finanzieren", hält der RH fest. Dies habe zu einer beträchtlichen Zunahme des Verschuldungsgrads geführt.
Lichtblick
Immerhin fielen die Jahresergebnisse der Absatzgesellschaften 2011 positiver aus als im Schnitt der Vorjahre, orten die Prüfer einen Aufwärtstrend.
Eine teure Investition war der Kauf des ungarischen Güterverkehrsunternehmens MAV Cargo (seit 2010 Rail Cargo Hungaria) durch die Rail Cargo: Die tatsächliche Ergebnisentwicklung blieb "deutlich hinter den der Kaufpreiskalkulation zugrunde gelegten Ergebnisprognosen zurück". Abschreibungen in Höhe von 350 Mio. Euro (70 Prozent vom Anschaffungswert) zeigen laut RH "die Mängel der Kaufpreisberechnung“.
Die ÖBB-Unternehmensgruppe bestand Ende 2011 aus insgesamt 156 Unternehmen, etwas mehr als die Hälfte davon hatte ihren Sitz im Ausland. Etwa 100 Beteiligungen hielt die Rail Cargo. Bei den Beteiligungen der Rail Cargo Austria ortet der RH "strukturelle und unternehmenskulturelle Probleme": Das Management der Tochter- und Enkelgesellschaften habe seine Sorgfaltspflichten nicht immer ausreichend wahrgenommen, zum Teil habe der Verdacht strafrechtlich relevanter Handlungen bestanden. Als Beispiele werden u.a. die Speditionsunternehmen EXIF Hellas, EXIF Romania, EXIF Scandinavia und EXIF Italia genannt.
Eigenkapital im Argen
Bedenklich ist auch die Entwicklung des Eigenkapitals: Dieses sank von 2006 auf 2011 um etwa 1,5 Mrd. Euro (52 Prozent). Die Eigenkapitalquote des Gesamtkonzerns lag 2011 nur mehr bei 6 Prozent, gegenüber 19 Prozent im Jahr 2007. Der Rückgang beim Eigenkapital war laut RH primär auf den Güterverkehr zurückzuführen, aber auch auf Abschreibungen im Personenverkehr. Die verringerte Eigenkapitalbasis schränke den finanziellen Spielraum für die Zukunft stark ein.
"Heute machen wir Gewinn, auch im Güterverkehr", reagierte ÖBB-Vorstandschef Christian Kern ( Bild) auf den Prüfbericht, der seit Juni 2010 an der Spitze des Unternehmens steht. Die Analyse des Rechnungshofs sei ein klarer Arbeitsauftrag und habe die eingeleiteten Anstrengungen bestätigt.
Zwei von drei ÖBB-Postbusmitarbeitern waren 2011 in kündigungsgeschützten Dienstverhältnissen mit einer Entlohnung über Kollektivvertragsniveau. Dies sei ein Wettbewerbsnachteil für den Postbus, heißt es in einem weiteren Rechnungshofsbericht. Seit der Ausschreibung von öffentlich mitfinanzierten Buslinien im Jahr 2009 steht der Postbus im direkten Wettbewerb zu privaten Busunternehmen.
Um Ausschreibungen zu gewinnen, bot der ÖBB–Postbus Buslinienverbindungen nicht kostendeckend an, kritisierten die Prüfer. Der "schwach positive" Betriebsgewinn in den Jahren 2009 und 2011 sei in "erster Linie auf bilanzielle Maßnahmen — wie Verlängerung der Abschreibungsdauer - zurückzuführen".
Rückgang der Fahrgäste
Der RH kritisierte, dass es beim Postbus keine Pläne gab, das Pendler-Kundenpotenzial zu heben. Belastend für den Postbus wird sich weiterhin der Rückgang der Schülerzahlen auswirken. Die Schüleranzahl in den einzelnen Bundesländern dürfte sich laut Statistik Austria – mit Ausnahme von Wien und Niederösterreich – bis zum Schuljahr 2030/2031 überall negativ entwickeln.
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