Obama und Merkel ringen um Sparkurs

Angela Merkel und Barack Obama scheinen sich zu begrüßen.
Camp David: Beim Treffen der G-8 suchten die Staats-und Regierungschefs einen Ausgleich zwischen Schuldenabbau und Wachstum.

Gipfeltreffen hin, Eurokrise her – Schlag 14 Uhr 45 Ortszeit ließen am Samstag Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und der britische Premier David Cameron alles liegen und stehen, um an die TV-Schirme zu eilen: Für das Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Chelsea durften die beiden kurzzeitig den G-8-Gipfel schwänzen.

Richtig vorwärtsgekommen waren die Regierungschefs der acht wichtigsten Industriestaaten der Welt (G-8) bei ihrem Treffen im amerikanischen Camp David ohnehin nicht. Die Abschlusserklärung fiel dürftig aus – eine klassische Kompromiss-Lösung, mit der alle leben können. Angesichts der unterschiedlichen ökonomischen Ausgangspositionen gab es nur unverbindliche Erklärungen, die nationale Alleingänge bei der Aus­gabenpolitik der einzelnen Länder genauso zulassen wie eine konsequente Sparpolitik. „Die richtigen Maßnahmen sind nicht für jeden von uns gleich“, hieß es in der Erklärung. Immerhin ein Satz war deutlich formuliert: Die G-8-Mitglieder sprachen sich klar für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus, so lange das Land seinen Verpflichtungen nachkommt.

Beim Arbeitsgespräch ging es zwar freundlich, aber alles andere als harmonisch zu. Einmal mehr mussten sich die europä­ischen Gipfelteilnehmer von Gastgeber Barack Obama Schelte gefallen lassen, Europa drohe mit seinen Sparprogrammen die Wirtschaft abzuwürgen. Mehr Wachstum und sanfteres Sparen – so lautet die Devise des US-Präsidenten, der im Herbst wieder gewählt werden möchte. Sollte sich die Euro-Krise weiter auswachsen, würde dies auch die USA erfassen, fürchtet Obama. Schlechtere Wirtschaftsaussichten aber würden wiederum seine Chancen auf einen neuerlichen Wahlsieg erheblich reduzieren.

 

Auftritt Hollande

Eine Gruppe von Staats- und Regierungschefs sitzt an einem runden Tisch bei einem Treffen.

Der Mann, der aus Sicht Washingtons für die neue Balance zwischen Wachstums- und Sparmaßnahmen in Europa sorgen kann, ist Frankreichs neuer Präsident Francois Hollande. Dieser tritt gegen den rigiden Sparkurs in Europa ein und hatte im Wahlkampf angekündigt, den EU-Fiskalpakt wieder aufschnüren zu wollen. „Wachstum muss eine Priorität sein", sagte Hollande nach einem Treffen mit Obama und sprach von einer „Konvergenz" zwischen Washington und Paris in dieser Frage.

Doch was die Rettung Europas betrifft, ist Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel nach wie vor anderer Meinung: Sie lehnt durch neue Schulden finanzierte Konjunkturpakete und eine Neuverhandlung des Fiskalpakts grundsätzlich ab. Mittlerweile zeigt sich die deutsche Kanzlerin aber offen für ergänzende Wachstumsinitiativen.

Deutschland wiederum ist mit dem Vorgehen Washingtons nicht einverstanden: Berlin wirft den USA vor, mit un­gebremster Schuldenmacherei die nächste Finanzkrise zu provozieren. Tatsächlich haben die USA ein hohes Budgetdefizit von acht Prozent seiner Wirtschaftsleistung. Die Euro-Zone kommt hingegen heuer im Durchschnitt auf ein Minus von rund drei Prozent.

Ölreserven

Zweites großes Streitthema in Camp David waren die Ölreserven. Im Kampf gegen hohe Ölpreise halten sich die G8-Staaten eine Freigabe strategischer Öl­reserven offen – eine endgültige Entscheidung darüber wurde aber vertagt. Die Länder seien bereit, notfalls die Internationale Energieagentur IEA einzuschalten, um die Versorgung zu gewährleisten. Obama ist besorgt, dass hohe Ölpreise seine Wiederwahl im November beeinträchtigen könnten. Das Vorhaben gilt in Russland als um-stritten. Während Großbritannien und Frankreich offen für den Vorstoß aus Washington sind, sieht dies auch Berlin eher skeptisch.

Zum Thema Iran demonstrierten die G-8-Vertreter Geschlossenheit: Teheran müsse die internationale Gemeinschaft von den friedlichen Zielen seines Atomprogramms überzeugen, wurde unisono gefordert.

 

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