Nur noch "befriedigend" für den Standort Österreich
Der Abwärtstrend hält an. Im abgelaufenen Jahr hat der Standort Österreich weiter an Qualität eingebüßt, mahnt Deloitte. Die Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater geben dem Wirtschaftsumfeld jetzt nur noch 3 von 5 möglichen Punkten – im Vorjahr waren es noch 3,14. „Österreich schwimmt auf der Welle des Mittelmaßes. Wenn man damit zufrieden ist, ist der weitere Abstieg programmiert“, warnt Deloitte-Österreich-Chef Bernhard Gröhs.
Für ihren „Deloitte Radar 2015“ werteten die Berater einschlägige Ranglisten zur Wettbewerbsfähigkeit und Interviews mit tausenden Managern aus. Das alarmierende Ergebnis: Österreich ist nur noch in zwei von fünf Rankings unter den Top20-Ländern, nämlich beim OECD Better Life Index und dem Global Innovation Index des IMD Lausanne.
Hauptmanko Kosten
Der größte Handlungsbedarf ist bei den Kosten gegeben, wo Österreich die schlechteste Wertung (1 Punkt) erhält. Gröhs – der selbst Mitglied der Steuerreformkommission war – hat die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass am 17. März ein vereinfachtes Steuerrecht präsentiert wird, das zugleich die Arbeitskosten senkt. Besonders schädlich sei es indes, wenn Steuererhöhungen rückwirkend beschlossen werden. So geschehen 2014, als die Absetzbarkeit hoher Managergehälter, von Patentzahlungen oder die Gruppenbesteuerung geändert wurden. International sei das als „dickes Minus“ für Österreich gewertet worden, sagt Gröhs. Er fordert, dass Steueränderungen nur noch einmal im Jahr passieren und die Lohnverrechnung vereinfacht wird.
Reformstau hemmt
Das politische Umfeld ist zwar stabil, wird aber durch den hartnäckigen Reformstau blockiert (3 Punkte). Negativ stechen besonders die Knappheit an Risikokapital und das gesunkene Vertrauen in den Finanzmarkt hervor.
Aber nicht alles ist negativ in Österreich: Die „Unternehmensinfrastruktur“ ist gut (4 Punkte), die Lebensqualität (5 Punkte) sogar ausgezeichnet. Dafür wiehert der Amtsschimmel kräftig: Die Über-Regulierung (2 Punkte) werde selbst zum Risiko, so Gröhs. Teilweise seien sogar die Regulatoren selbst überfordert. Bei „Innovation und Forschung“ vergab Deloitte vier Punkte. Weil sich der Mangel an Fachkräften verschärft hat, gab es für den Faktor „Arbeitskräfte“ nur zwei Punkte – einen weniger als im Vorjahr. Deloitte-Partnerin Gundi Wentner kritisiert die „stark ideologisch geführte Bildungsdiskussion“, die keinen großen Reformwurf zulasse.
Hypo: Besser als Nichtstun
"Unsicherheit ist das größte Gift für einen Standort", sagt Gröhs. Deshalb bewertet er positiv, dass die Regierung endlich Entschlossenheit bei der Hypo-Abbaubank Heta zeigt. Ob das Schuldenmoratorium oder ein eventueller Schuldenschnitt für die Anleihengläubiger das Vertrauen in den Finanzmarkt und in die Rechtssicherheit in Österreich vernichtet, bleibe abzuwarten: "Es muss nicht unbedingt eine Verschlechterung bedeuten", sagt Gröhs. "Wie die Märkte reagieren, weiß man im Voraus nicht. Manchmal wird ein 'Bilanzputz' an den Börsen positiv wahr genommen, so nach dem Motto: Jetzt wird der Stier an den Hörnern gepackt."
Energie aus Windkraft und Sonnenenergie hat einen Haken: Sie schwankt wetterbedingt stark. Wer Strom in speicherfähiges Gas („Power-to-Gas“) umwandeln kann, hat somit eine Schlüsseltechnologie der Energiewende in der Hand. Zu den innovativsten Playern auf dem Feld zählt ETOGAS (früher Solarfuel), ein Unternehmen, das aus einem 16-köpfigen Forscherteam an der Johannes-Kepler-Uni Linz rund um Professor Niyazi Serdar Sariciftci erwuchs. In den letzten Jahren zog ETOGAS spektakuläre Aufträge an Land: 2013 wurde eine Anlage für Autobauer Audi zur Herstellung von synthetischem Gas ("E-Gas") eingeweiht, im Vorjahr gab Gasspeicherbetreiber RAG den Auftrag zu einer Elektrolyseanlage für die Wasserstoffherstellung.
Während Österreich bei Wasserkraft und Biomasse gut positioniert ist, sei Deutschland bei Wind, Solar und Ernergiespeichern weit voraus. "Dort geht in Sachen Energiewende so richtig die Post ab", sagt Waldstein. So wurde Stuttgart zur neuen Heimat, wo Baden-Württemberg schon seit 1988 ein Forschungszentrum für Sonnenenergie (ZSW) betreibt.
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