Niederlande: Noch-Premier bringt Sparpaket durch

Mark Rutte spricht vor der niederländischen und der EU-Flagge.
Die zurückgetretene Minderheitsregierung unter Mark Rutte bekam im Parlament eine Mehrheit für das 14-Mrd.-Euro-Paket zusammen.

Wenige Tage nach dem Rücktritt der niederländischen Regierung hat das Parlament in Den Haag umfangreichen Sparmaßnahmen zugestimmt. Wie die Nachrichtenagentur ANP in der Nacht auf Freitag berichtete, wird der Haushalt für das kommende Jahr damit die Kriterien der Europäischen Union erfüllen. Im Streit um die Sparmaßnahmen war die Minderheitsregierung von Mark Rutte gescheitert. Der Regierungschef war am Montag zurückgetreten, bleibt aber auf Wunsch von Königin Beatrix bis zu Neuwahlen im September im Amt.

Am Abend hatten sich drei Oppositionsparteien mit Ruttes rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und den Christdemokraten (CDA) aus seiner bisherigen Regierung auf wichtige Haushaltskürzungen geeinigt. Zusammen mit Grünen (GL), der Christen-Union (CU) und der linksliberalen Partei D66 kommen VVD und CDA auf 77 der 150 Parlamentssitze.

Die größte Oppositionspartei, die sozialdemokratische Partei der Arbeit (Pvda), stimmte gegen das Sparpaket. "Es ist nicht der beste Weg, um mit der Krise umzugehen. Wir sind gegen den Plan", sagte Parteichef Diederik Samson.

Rutte und sein christdemokratischer Finanzminister Jan Kees de Jager wollen die öffentlichen Ausgaben um rund 14 Milliarden Euro kürzen. So soll das Budgetdefizit des Landes unter die Drei-Prozent-Marke gedrückt werden, die in der EU gilt. Zuletzt war in den Niederlanden für 2013 ein Defizit von 4,5 Prozent erwartet worden.

 

Porträt des niederländischen Politikers Geert Wilders.
In den Niederlanden hat die Europawahl den Charakter einer Richtungsentscheidung für oder gegen die EU. Laut Umfragen liefern sich die "Partei für die Freiheit" (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders und die pro-europäische linksliberale Partei D66 ein Rennen um den ersten Platz. Wilders tritt unter dem Motto "NExit" (Niederlande-Exit) für einen EU-Austritt seines Landes ein.

Gegen die Einhaltung der Verschuldungsgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hatten sich neben den Sozialdemokraten auch die Sozialisten und die rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders ausgesprochen.

Der euroskeptische Wilders, der nach der Wahl 2010 der Minderheitsregierung als Königsmacher seine Unterstützung vertraglich zugesichert hatte, stellte sich nach 18 Monaten plötzlich quer und brachte das Kabinett rund um die Sparpläne zu Fall. Nach einer tagelangen Zitterpartie hatte die zurückgetretene Minderheitsregierung doch noch eine Mehrheit im Parlament für ihren umstrittenen Sparhaushalt zusammenbekommen. Die drei kleinen Oppositionsparteien sagten am Donnerstag dem amtierenden Ministerpräsidenten  Rutte ihre Unterstützung für das Budget zu.

Erleichterung an den Börsen

Auf den Finanzmärkten, die Anfang der Woche sehr nervös auf das vorläufige Scheitern der Haushaltsverhandlungen reagiert hatten, dürfte die Einigung für Erleichterung sorgen. Ein Abweichen des eigentlich engen Verbündeten Deutschlands im Kampf gegen die europäische Schuldenkrise vom Konsolidierungskurs wäre ein beunruhigendes Signal - zumal auch andere europäische Regierung zunehmend wegen ihrer Sparvorhaben unter Druck geraten. Auf dem Spiel stand auch die Einstufung als besonders vertrauenswürdiger Schuldner mit der Top-Bonitätsnote AAA, die den Niederlanden hilft, günstig an den Anleihemärkten an Geld zu kommen.

Rutte will 14 bis 16 Milliarden Euro einsparen; die Mehrwertsteuer soll um zwei Punkte auf 21 Prozent erhöht werden. Zudem sollen Medienberichten zufolge Abgaben auf Tabak und Alkohol erhöht werden und die stufenweise Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre beschleunigt werden. Ohne die Maßnahmen steuern die Niederlande auf ein Defizit von deutlich über vier Prozent zu.

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