Naturkatastrophen: Schäden steigen, aber Vorsorge nicht

Hurrikanes verwüsten Landstriche in den USA, Überschwemmungen und Erdrutsche zerstören tausende Häuser in China, Tote nach Erdbeben in Mexiko - die Liste jüngsten Meldungen über Naturkatastrophen ist endlos.
Auch in Österreich nehmen die Schäden durch Naturgewalten weiter zu, das Vorsorge-Bewusstsein der Menschen hält damit aber nicht Schritt. Vor allem Wetter-Extreme werden in Europa häufiger, sagen Meteorologen und die Assekuranz. Doch selbst in Gefahrenzonen gibt es eine sehr hohe " Vergessenskurve". Erschwinglich wäre ein bundesweites Versicherungs-Obligatorium, zu dem die Politik Ja sagen müsste.
"Was früher ein 20-jähriges Ereignis war, wird künftig im Schnitt alle 10 Jahre auftreten"
Speziell die mit Niederschlägen verbundenen Folgen werden immer gravierender. "Was früher ein 20-jähriges Ereignis war, wird künftig im Schnitt alle 10 Jahre auftreten", umriss der Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Michael Staudinger, am Donnerstag die bis 2050 absehbare Entwicklung. Zwar steige die Jahres-Niederschlagsmenge nur wenig, aber die Tages- und Stunden-Mengen würden stark zunehmen. Daraus können dann Vermurungen, Überschwemmungen bis hin zu Hochwasser oder - im Winter - Schneedruck auf Dächern drohen.

Wie gefährdet ist meine Gemeinde?
Über die "HORA"-Datenbank im Internet (Natural Hazard Overview & Risk Assessment Austria) kann für jede Adresse in Österreich das Gefährdungspotenzial für diverse Naturgewalten bis hin zu Erdbeben eruiert werden, sagte VVO-Vizepräsident Allianz-Österreich-Chef Wolfram Littich. Seinen Angaben zufolge sind in den vergangenen 30 Jahren die wetterbedingten Versicherungsschäden weltweit um das 15-fache angestiegen. Allerdings waren etwa im Vorjahr von den globalen Naturkatastrophen-Schäden von 140 Mrd. Dollar (103 Mrd. Euro) nur rund 38 Mrd. Dollar (28 Mrd. Euro), also etwa ein Viertel, auch tatsächlich versichert.

Katastrophen-Versicherung für alle
Viele Güter, etwa Eigenheime, sind derzeit aber nur zum Teil oder auch gar nicht versicherbar, betonte Littich. Deshalb sei man mit der Politik bezüglich eines landesweiten Obligatoriums in Gesprächen. Wenn man wolle, dass jeder für eine leistbare Prämie versichert sein könne, müsse man das Risiko dergestalt "sozialisieren", wie dies etwa auch die Schweiz oder Belgien gemacht hätten. Bei einer solchen Frage des Risikoausgleich sei "die Politik gefordert, wir haben die entsprechenden Konzepte vorgelegt", sagte der Vizepräsident des Versicherungsverbands.
Zur möglichen Prämienhöhe einer allgemeinen Naturkatastrophen-Versicherung, die zum Beispiel mit der Feuerversicherung eines Hauses verknüpft werden könnte, gibt es verschiedene Rechenmodelle. In der Branche geht man davon aus, dass sich bei einer bundesweiten Durchversicherung die jährlichen Kosten mit im Schnitt 60 Euro pro Eigenheim in Grenzen halten würden - das wären 5 Euro monatlich. Je nach individueller Risikolage des Versicherungsnehmers könnte die Jahresprämie zwischen 30 und 120 Euro "streuen", hat etwa die VAV vorgeschlagen. Für Mietwohnungen sollen möglicherweise sogar 1 bis 2 Euro Prämie pro Monat ausreichen.
"Sehr hohe Vergessenskurve"

Informationen über Hochwasser-Risikozonen und Gefährdungspotenziale durch andere Naturgewalten sind auf der HORA-Homepage abrufbar: http://www.hora.gv.at/
Trotz der Überschwemmungen auf dem Balkan und der Winterstürme in den USA haben Naturkatastrophen im ersten Halbjahr weltweit relativ geringen Schaden angerichtet. Mit einer Höhe von 42 Mrd. Dollar (31 Mrd. Euro) blieben die gesamtwirtschaftlichen Schäden deutlich unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre von 95 Mrd. Dollar.
Versicherer hätten in den ersten sechs Monaten 2014 für durch Naturkatastrophen verursachte Schäden 17 Mrd. Dollar bezahlen müssen, 8 Mrd. Dollar weniger als der Durchschnittswert, stellte die Münchener Rück (Munich Re) in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Schadenbericht fest. So kamen auch deutlich weniger Menschen durch Ereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Erdbeben ums Leben als sonst in den ersten sechs Monaten eines Jahres.
Die größten Schäden verursachten der harte Winter in den USA, Schneestürme in Japan, die Überschwemmungen in den Balkan-Ländern im Mai und zuletzt das Sturmtief "Ela", das an Pfingsten mit Orkanböen über das Rheinland hinweggezogen war.
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