"Münzen und Scheine sind ein Anachronismus"

Eine geöffnete Kasse mit Euro-Banknoten und Münzen in verschiedenen Fächern.
Deutscher Wirtschaftsweise Peter Bofinger will das Bargeld abschaffen. US-Ökonomen wollen nur kleine Scheine ausgeben.

Die Liste an Ökonomen, die von einer Welt ohne Bargeld träumen, wird länger. Am Wochenende sprach sich auch der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger für eine Abschaffung des Bargelds aus. "Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus", sagte der bekannte Wirtschaftswissenschaftler im Spiegel-Interview.

Lichtscheue Gestalten

Bargeld erschwere den Zahlungsverkehr "ungemein". Als Beispiel nannte Bofinger die verlorene Zeit, "wenn Leute vor Ihnen an der Ladenkasse nach Kleingeld suchen und die Kassiererin nach Wechselgeld". Wichtiger sei aber noch, dass eine Abschaffung des Bargelds "die Märkte für Schwarzarbeit und Drogen" austrocknen würde. Fast ein Drittel des Euro-Bargelds seien 500-Euro-Scheine - "fürs Einkaufen braucht die niemand, damit wickeln lichtscheue Gestalten ihre Geschäfte ab".

Ein Mann mit Brille und Anzug posiert mit seiner Hand am Kinn.
Laut Bofinger wäre es sinnvoll, wenn der Euroraum, die USA, Großbritannien und die Schweiz das Bargeld gleichzeitig abschafften. Die Zukunft von Münzen und Scheinen wäre seiner Ansicht nach auch "ein gutes Thema für die Agenda des G-7-Gipfels", der Anfang Juni im bayerischen Schloss Elmau stattfindet.

Negativ-Zinsen

Erst vor ein paar Wochen ließ Willem Buiter, der Chefökonom der US-Citigroup mit der Aussage aufhorchen, dass mit Bargeld Negativ-Zinsen umgangen werden können, weil Bankkunden dann ihre Einlagen abziehen und das Geld lieber zu Hause horten. Dies könnte nur mit einem Verbot von Bargeld verhindert werden, sagte er gegenüber Bloomberg. Als Alternative könnte der Staat auch Steuern auf Münzen und Scheine einheben, schlägt Buiter vor. Um den Cash-Bestand nicht ganz abzuwürgen, kann sich der Bank-Ökonom auch vorstellen, nur noch 5-Dollar- bzw. 5-Euro-Scheine auzugeben.

In diese Richtung argumentiert auch der ehemalige Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, Ken Rogoff. Im Handelsblatt spricht er sich erneut dafür aus, als ersten Schritt nur noch die kleineren Banknotenstückelungen herauszugeben. "Ein sehr großer Anteil der negativen Begleiterscheinung der Bargeldnutzung hängt mit den großen Scheinen zusammen. Wenn man aufhört, diese auszugeben, dann hat man schon sehr viel erreicht."

Zur Begründung führte er an, die Anonymität von Bargeld werde gern für illegale Transaktionen genutzt oder um Steuern zu hinterziehen. Daneben gebe es geldpolitische Erwägungen: "Wenn die Geldhalter auf zinsloses Bargeld ausweichen können, dann kann die Zentralbank den Leitzins nicht allzu weit unter Null senken, selbst wenn das sinnvoll wäre, um eine lahmende Wirtschaft wieder in Gang zu bringen."

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