Montis Experten-Regierung steht

Der designierte Premier stellte sein Kabinett vor, in dem Frauen eine Schlüsselrolle spielen.

Nach einer langen Unterredung mit Staatspräsident Giorgio Napolitano im Quirinalpalast präsentierte der designierte Premier Mario Monti am Mittwoch die mit Spannung erwartete Ministerliste. Der ehemalige EU-Wettbewerbs-kommissar Monti wird selbst das Amt des Wirtschaftsministers übernehmen. Am Abend wurde die Regierung angelobt.

In drei Schlüsselressorts sitzen von nun an Frauen. Damit setzte Monti ein klares Signal zur Abkehr von Berlusconis bisheriger Machopolitik. Die Juristin Paola Severino übernahm das Justizministerium. Sie lehrte bisher an der römischen Universität Luiss und war Anwältin des früheren Premier Romano Prodi.

Innenministerin wurde Anna Maria Cancellieri, bisher Kommunalbeauftrage in Parma. Die Wirtschaftsdozentin an der Universität Turin, Elsa Fornero, ist ab jetzt für das Arbeitsministerium verantwortlich. Der bisherige Diplomat und US-Botschafter Giulio Terzi wird neuer Außenminister.

Keine Politiker

Die Tatsache, dass sich keine Politiker an der Regierung beteiligen, werde laut Monti die Arbeit seines aus lauter Fachleuten bestehenden Kabinetts erleichtern. Nonstop hat der liberal-konservative, stets elegant gekleidete Wirtschaftswissenschafter aus Mailand in den vergangenen Tagen mit allen Parteien, Gewerkschaften und Industriellenverband verhandelt. Erstmals traf er, wie er selbst betonte, eine Neuheit bei der Regierungsbildung, mit Vertretern einer Jugend- und einer Frauenorganisation zusammen. Monti versprach, die Interessen dieser beiden zentralen Säulen der Gesellschaft maßgeblich in das politische Leben miteinbeziehen.

Der Anti-Berlusconi

Bis zuletzt versuchte Angelino Alfano, Chef der Berlusconi- Partei Volk der Freiheit (PdL), seinen Wunschkandidaten Gianni Letta für einen Ministerposten durchzusetzen. Eine Option, die von der Opposition aber strikt abgelehnt wurde. "Das ist, als würde man Berlusconi nominieren" sagte Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro über den langjährigen Staatssekretär und "Schatten" des zurückgetretenen Cavaliere.

Monti, der ehemalige Präsident der Mailänder Elite-Universität Bocconi und Anti-Berlusconi schlechthin, steht unter Zeitdruck nach jahrelanger Stagnation das Wachstum wieder anzukurbeln. Das aber mit relativ guten Vorzeichen.

"Es ist das erste Mal seit Jahren, dass die beiden größten Parteien des Landes gemeinsam eine Regierung unterstützen", kommentierte der Publizist Stefano Folli in der Mailänder Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore. Die aktuelle Notsituation unter dem Druck der internationalen Finanzmärkte würde die Opposition und ehemalige Regierungspartei fürs erste einmal zum Zusammenhalt zwingen und von internen Streitereien abhalten.

Kein Blut, kein Tränenvergießen, aber rigoroses Sparen ist jetzt angesagt: Ein verschärftes Rentensystem und eine Anhebung des Pensionsalters, Liberalisierungen sowie Privatisierungen prägen das Reformprogramm Montis. Von ihm werden auch Initiativen gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit erwartet. Die Demokratische Partei von Oppositionschef Pier Luigi Bersani pocht dazu auf eine Reform des Wahlrechts und Kürzungen der europaweit höchsten Politikerausgaben.

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