Moderiese H&M in der Absatzkrise

Moderiese H&M in der Absatzkrise
Sinkender Coolness-Faktor, Preisdruck und Online-Handel machen dem schwedischen Bekleidungshändler in Österreich zu schaffen.

Während sich der angeschlagene schwedische Bekleidungshändler H&M auf internationaler Ebene wieder etwas erholt hat, geht in Österreich die Talfahrt weiter. Der Umsatz sank 2017 um 4,5 Prozent von 421 auf 402 Millionen Euro, der Vorsteuergewinn ging um mehr als die Hälfte von 21 auf zehn Millionen Euro zurück. Das geht aus dem aktuellen Jahresabschluss hervor. Für 2018 wird mit einer ähnlichen Entwicklung gerechnet.

H&M Österreich äußert sich nicht zu den Zahlen, laut Handelsexperte Wolfgang Richter vom Beratungsunternehmen RegioPlan liegt die Entwicklung am Bekleidungshandel selber: „Der Markt für den stationären Bekleidungshandel (Verkauf im Geschäft, nicht online, Anm.) wird immer kleiner.“ Zum einen würden Online-Händler immer mehr Umsatz absaugen, zum anderen schreite der Preisverfall durch den schärfer werdenden Wettbewerb voran.

Der Online-Anteil liegt laut Richter im Bekleidungshandel bei 26 Prozent, was im Vergleich zu anderen Branchen ein sehr hoher Wert sei. Außerdem gebe es so etwas wie Lebenszyklen im Bekleidungshandel. „Unternehmen, die einmal das Maß aller Dinge waren, können verschwinden. Aber auch wiederkehren“, sagt Richter.

Klare Position

H&M sei in Österreich mit einem Marktanteil von zwölf Prozent aber immer noch top. Dahinter folge C&A mit einem Marktanteil von sieben Prozent – das Unternehmen musste zuletzt allerdings auch Umsatz- und Marktanteilsrückgänge hinnehmen – und Peek & Cloppenburg mit einem Marktanteil von „deutlich unter“ sieben Prozent auf Platz drei.

Wer erfolgreich sein will, muss sich laut Richter klar positionieren, also der billigste, schickste oder hippste sein – und den Online-Handel rasch ausbauen. Wer das verabsäume, könne rasch ein Schicksal wie der pleitegegangene Mitbewerber Charles Vögele erleiden.

Auch müssten Negativ-Erlebnisse beseitigt werden. Viele Jugendliche zeigen sich bei sogenannten „Zalando-Paket-Partys“ gegenseitig bei Musik und Getränken ihre neuesten Kleidungsstücke – da kann eine ein Quadratmeter große Umkleidekabine mit Neonlicht nicht mithalten, so Richter. „Hier gibt es im stationären Handel noch viel Fantasie für Veränderungen.“

Gröbere Fehler

Ein anderer Branchenkenner sieht allerdings gröbere Versäumnisse bei H&M, die sich auch auf das Österreich-Geschäft auswirken. H&M sei lange der billigste Anbieter gewesen, habe diese Positionierung aber an den Diskonter Primark verloren, so der Insider. Bei der Schnelligkeit, mit der das Sortiment ausgetauscht wird, habe H&M gegen den spanischen Konkurrenten Zara verloren. Auch der Coolness-Faktor sei nicht mehr so groß wie früher. Wichtig sei es für H&M nun, rasch die internationale Vertriebslogistik zu verbessern, woran sich das Unternehmen bereits auch gemacht habe.

So werden derzeit in wichtigen Märkten wie Belgien, Frankreich, Italien und den USA neue Lieferketten aufgebaut, um schneller auf Markttrends reagieren zu können. Außerdem soll die Vernetzung zwischen den Filialen verbessert und der Onlineverkauf ausgebaut werden. Heute, Donnerstag, veröffentlicht das Unternehmen seine Quartalszahlen.

Weiteres Wachstum

Der Bekleidungshandel selber wird laut Prognosen weiter wachsen. Allerdings wird vor allem der Onlinehandel profitieren, weshalb es zu einer Reduktion der Verkaufsflächen kommen soll.

2017 setzte die Branche in Österreich 6,4 Milliarden Euro um, was einem Plus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach. Heuer soll das Plus wetterbedingt nur bei 1,3 Prozent liegen. Der stationäre Handel legte 2017 allerdings nur um 0,4 Prozent zu, heuer sollen es gar nur 0,1 Prozent sein. Berücksichtigt man die Inflation, handelt es sich bei diesen Zahlen real um ein Minus.

Kommentare