Milliardenpleite Wirecard: Aktionäre blitzen mit Muster-Klage gegen Wirtschaftsprüfer ab

Im Prozess um milliardenschwere Schadenersatzforderungen Zehntausender Wirecard-Aktionäre versetzt das Bayerische Oberste Landesgericht den Klägern einen Dämpfer. Die Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young (EY), auf deren Zahlungskraft sich die Hoffnungen vieler Kläger gerichtet hatten, könne in diesem Gerichtsverfahren nicht zur Verantwortung gezogen werden, sagte die Gerichtspräsidentin und Senatsvorsitzende Andrea Schmidt am Freitag in München.
Das schließe allerdings mögliche Klägeransprüche in anderen Verfahren nicht aus. Gegen die Entscheidung können Rechtsmittel eingelegt werden. Die Testate, die EY dem Zahlungsdienstleister Wirecard erteilt habe, seien keine Kapitalmarktinformationen im Sinne des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) in der alten Fassung, auf das sich dieser Prozess stützt, begründete die Richterin die Zwischenentscheidung. Als Beklagte übrig bleiben damit unter anderem der frühere Wirecard-Chef Markus Braun und die von Insolvenzverwaltern vertretenen Firmenreste.
Dort wäre jedoch nach früheren Angaben von Anwälten kaum Geld zu holen, selbst wenn ein späteres Urteil zugunsten der Kläger ausfallen sollte. Das Gerichtsverfahren ist eines der umfangreichsten der deutschen Geschichte. In dem KapMuG-Prozess sollen nach früheren Angaben zahlreiche Kernfragen von 8500 Einzelprozessen geklärt werden, die vor dem Landgericht anhängig sind. Weitere 19.000 Anleger, die nicht vor dem Landgericht klagen, hatten Ansprüche direkt beim Obersten Landesgericht angemeldet.
Im Hintergrund stünden Aktionärsforderungen von bis zu 8,5 Milliarden Euro, hatte Schmidt zum Prozessauftakt im November gesagt. Der Dax-Konzern Wirecard brach im Juni 2020 zusammen, als aufflog, dass dem Zahlungsabwickler auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Es handelt sich um einen der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. EY hatte die mutmaßlich falschen Wirecard-Bilanzen abgesegnet. Zur Aufarbeitung der Wirecard-Pleite laufen immer noch etliche Gerichtsverfahren. Ex-Wirecard-Chef Braun sitzt wegen eines Betrugsprozesses in Untersuchungshaft und kam am Freitag nicht zu dem Gerichtstermin
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