Mai: Arbeitslosigkeit um 9,5% über Vorjahr
Die Arbeitslosigkeit steigt weiter – Ursache bleibt die schwache Wirtschaftsentwicklung in Österreich und in Europa. Die Anzahl der vorgemerkten Arbeitslosen ist per Ende Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,0 Prozent oder 20.818 Personen auf 251.895 angestiegen. Zusätzlich wuchs die Zahl der Schulungsteilnehmer um 7776 (+11 Prozent) auf 78.414. Damit waren insgesamt 330.309 Personen in Österreich ohne Job und um 9,5 Prozent mehr als im Mai 2012, teilte das Sozialministerium am Montag mit.
Trotz verhaltener Konjunkturentwicklung gab es in Österreich mehr Personen mit einem Job. Die Zahl der aktiv unselbstständig Beschäftigten hat sich per Ende Mai um 26.000 Personen (+0,8 Prozent) auf 3,396 Millionen erhöht. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen ist hingegen um 3839 (-11,9 Prozent) auf 28.465 deutlich zurückgegangen.
EU-Vergleich
Die Arbeitslosenquote lag nach österreichischer Definition im Mai bei 6,7 Prozent (+0,5 Prozentpunkte). Nach EU-Berechnung belief sich die heimische Arbeitslosenquote im April - das ist der aktuellste verfügbare Wert - auf 4,9 Prozent. Österreich hat damit erneut die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU, gefolgt von Deutschland mit 5,4 Prozent und Luxemburg mit 5,6 Prozent. In den 27 EU-Staaten betrug die Arbeitslosenquote im Schnitt 11 Prozent.
Reaktionen
"Die Europäische Wirtschaft ist nach wie vor unterkühlt, das hat auch Folgen auf den österreichischen Arbeitsmarkt", sagte SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer zu den aktuellen Arbeitsmarktdaten. Hundstorfer hob in einer Aussendung Österreichs niedrige Arbeitslosenquote im Vergleich zu den restlichen EU-Mitgliedsstaaten hervor - besonders auch bei der Jugendarbeitslosigkeit. Aber: "Insgesamt rechnen die Arbeitsmarktforscher frühestens ab dem Herbst mit leichter Entspannung und einem allmählichen Anziehen der Konjunktur", so der Sozialminister.
"Dass Österreich eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenzahl aufweist, ist erfreulich, aber gewiss kein Grund zum Feiern", verkündete der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, in einer Aussendung. Wie auch das Sozialministerium weist die IV auf die schwierige europäische Gesamtsituation auf dem Arbeitsmarkt hin. Die IV sieht freilich „dringend Handlungsbedarf“ bei den Lohnnebenkosten. "Wollen wir längerfristig wettbewerbsfähig bleiben und Arbeitsplätze in Österreich erhalten und neue schaffen, ist eine rasche Entlastung des Faktors Arbeit daher dringend notwendig. Wir müssen die bestehenden finanziellen Spielräume für eine Senkung der Lohnnebenkosten nützen. (…)", so der Aufruf. Auch in Sachen Pensionssystem seien Reformen notwendig: "Wir brauchen unbedingt eine Eindämmung der Frühpensionierungsmöglichkeiten und die Koppelung des gesetzlichen Pensionsalters an die gestiegene Lebenserwartung", forderte Neumayer.
Die Arbeiterkammer sieht den Handlungsbedarf beim Arbeitgeber. Immer mehr müsse von immer weniger Beschäftigten erledigt werden - Überstunden bis zur Erschöpfung inklusive. Andererseits würde es für Arbeitslose immer schwieriger, eine Arbeit zu finden. "Es ist höchste Zeit, in Beschäftigung zu investieren und gleichzeitig Arbeit fair zu verteilen", so der AK Präsident Rudi Kaske zu den Arbeitsmarktzahlen.
Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise nimmt die Arbeitslosigkeit und damit das Risiko sozialer Unruhen nach Ansicht von UN-Experten in vielen Industriestaaten zu. Und zwar am stärksten in der Europäischen Union. Weltweit werde die Zahl der Menschen ohne Job von jetzt 200 Millionen bis 2015 um acht Millionen wachsen, warnt die Internationale Arbeitsorganisation ( ILO) in ihrem am Montag vorgelegten Weltarbeitsmarktbericht 2013.
"Wir brauchen einen auf Jobs und produktive Investitionen fokussierten globalen Aufschwung sowie besseren sozialen Schutz für die ärmsten und verwundbarsten Gruppen", betonte ILO-Generaldiretor Guy Ryder zur der Vorlage der umfangreichen Studie der UN-Sonderorganisation in Genf. "Und wir müssen gegen die soziale Ungleichheit vorgehen, die in vielen Teilen der Welt größer wird."
Das Risiko sozialer Unruhen sei in 46 von 71 untersuchten Volkswirtschaften gewachsen, erklären die ILO-Experten. In der Europäischen Union habe sich diese Gefahr - nach einem Index mit Faktoren wie Arbeitsmarktlage, Lebensstandard und Vertrauen in die jeweilige Regierung - von durchschnittlich 34 Prozent im Jahr 2006 auf 46 Prozent im Jahr 2012 erhöht.
Sparpolitik am Pranger
Maßgeblich schuld ist laut ILO die teils dramatische Sparpolitik mit zunächst steigender Arbeitslosigkeit als Folge: "Die Zunahme des Unruhe-Risikos in der Europäischen Union ist wahrscheinlich ein Ergebnis der politischen Reaktionen auf die Staatsschuldenkrise und deren Auswirkungen auf das Leben der Menschen sowie deren Wahrnehmung von Wohlstand", heißt es in dem Bericht.
So befinde sich die Eurozone seit dem dritten Quartal 2011 in einer Rezession, während die Arbeitslosigkeit dort die Rekordhöhe von mehr als 12 Prozent erreicht habe. Zugleich gehe die Einkommensschere in der Eurozone weiter auseinander. "Dieses düstere wirtschaftliche Szenario hat ein fragiles Umfeld geschaffen, in dem immer weniger Menschen Möglichkeiten sehen, einen guten Job zu bekommen und ihren Lebensstandard zu verbessern", heißt es in dem Bericht.
Krisenländer und Musterschüler
Am stärksten habe die Gefahr von Unruhen in Zypern, Tschechien, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien und Spanien zugenommen. Eine positive Entwicklung verzeichneten im EU-Raum dagegen die Arbeitsmärkte in Österreich, Deutschland, Ungarn, Luxemburg, Malta, Polen und Rumänien. Auch dort liegen die Beschäftigungsraten über dem Vorkrisen-Niveau. Hingegen seien sie in Zypern, Griechenland, Portugal und Spanien in den letzten zwei Jahren um jeweils 3 Prozentpunkte gesunken. Insgesamt müssten in den 27 EU-Ländern fast 6 Millionen neue Jobs entstehen, allein um das Vorkrisen-Niveau bei der Beschäftigung wieder zu erreichen.
Industriestaaten unter Zugzwang
Im weltweiten Vergleich zeigt sich laut ILO immer stärker ein Ungleichgewicht bei der Arbeitsmarktlage: Während die Mehrzahl der europäischen und andere industrialisierte Länder immer noch mit den Krisenfolgen ringen, gehe in aufstrebenden Volkswirtschaften und vielen Entwicklungsländern der Aufschwung weiter.
Auffallend sei dabei auch, dass im Weltmaßstab der Anteil der aufstrebenden Länder an produktiven Investitionen auf 47 Prozent stark zugenommen habe. Damit sei auch die Beschäftigung in diesen Ländern gestiegen. Die entwickelten Industriestaaten seien 2012 bei den weltweiten Investitionen nur noch auf einen Anteil von knapp über einem Drittel gekommen - verglichen 60 Prozent im Jahr 2000.
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