Machtkampf um VW-Chef Winterkorn

Ein Mann im Anzug steht vor einem gelben Volkswagen-Konzeptfahrzeug.
Öffentliche Distanzierung des Volkswagen-Patriarchen Piëch schlägt hohe Wellen.

Ich bin auf Distanz zu Winterkorn". Dieser kurze Satz des mächtigen Volkswagen-Patriarchen Ferdinand Piëch über die Zukunft seines "Kronprinzen" Martin Winterkorn sorgt für eine Schockwelle beim deutschen Autobauer. VW-Chef Winterkorn galt bisher als der logische Nachfolger für Piëch, wenn dieser den Vorsitz im VW-Aufsichtsrat 2017 aufgibt (mehr dazu hier).

Nach der öffentlichen Distanzierung muss der ehrgeizige Manager aber plötzlich um sein Leiberl beim deutschen Autobauer kämpfen. Ob er seinen bis 2016 laufenden Vorstandsvertrag überhaupt noch erfüllen wird, gilt als fraglich. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht Winterkorns Tage als gezählt: "Piëch wird auch diesen Machtkampf gewinnen. Wer sich hinter Winterkorn stellt, wird am Ende verlieren."

Verbündete

Doch Winterkorn hat in der überraschend aufgeflammten Personaldebatte starke Verbündete. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh reagierte umgehend auf Piëchs Äußerungen im Spiegel und stärkte Winterkorn am Wochenende den Rücken: Ginge es nach dem Betriebsrat, könnte der Vorstandsvertrag durchaus über das Jahr 2016 hinaus verlängert werden. Auch Vertreter des Landes Niedersachsen, zweitgrößter VW-Aktionär, stellten sich hinter den 67-jährigen VW-Chef. Wirtschaftsminister Olaf Lies griff Piëch wegen seiner medialen Äußerungen sogar direkt an: "Man sollte bitte nicht den erfolgreichen VW-Konzern durch solch öffentliche Einlassungen in eine schwierige Situation bringen", tadelte Lies in der Bild am Sonntag.

Die Familien Porsche und Piëch halten zwar über die von ihnen kontrollierte Porsche SE die Mehrheit von 51 Prozent an VW, stellen aber nur fünf der 20 Aufsichtsratsmitglieder. Für eine Mehrheit im Aufsichtsrat sind elf Stimmen nötig.

Porsche auf Distanz

Aufsichtsrat Wolfgang Porsche, Sprecher der Porsche-Familie, stellte am Sonntag die Aussage Piëchs via Spiegel als bloße Privatmeinung dar, die mit der Familie Porsche weder inhaltlich noch sachlich abgestimmt sei. Wolfgang Porsche ist der Cousin von Ferdinand Piëch.

Laut Handelsblatt sei in den kommenden Tagen ein Treffen der Familien Piech und Porsche geplant. Dabei sollen auch Piech und Winterkorn aufeinandertreffen.

Hintergrund

Beobachter rätseln über die möglichen Hintergründe des Machtkampfes bei Europas größten Autobauer. Der Spiegel mutmaßt, dass dahinter nicht nur persönliche, sondern auch sachliche Motive stecken könnten. Der Erfolgslauf des seit 2007 amtierenden VW-Chefs ist zuletzt ins Stocken geraten. In den USA, dem zweitgrößten Automarkt der Welt, verlieren die Deutschen trotz hoher Investitionen Marktanteile. Das schon vor Jahren angekündigte "Budget-Car" für Schwellenländer gibt es immer noch nicht.

Laut dpa-Analyse hat VW derzeit viele offenen Baustellen und weist etwa im Vergleich zu Toyota eine schwache Rendite auf. Winterkorn lenkte zwar gegen und brachte vergangenen Sommer ein milliardenschweres Sparprogramm auf den Weg, wann die Marke VW wieder in die Spur kommt, ist aber ungewiss. Wie die gesamte Branche muss VW zudem auf den Wandel in der Autowelt reagieren. Auf die zunehmende digitale Vernetzung mit Internet-Riesen wie Google und Apple müssen ebenso neue Antworten gefunden werden wie beim Dauerthema alternative Antriebe.

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