Kurzarbeit: 270.000 Arbeitnehmer dazugekommen - 871.000 Betroffene
Kurzarbeit nimmt in Österreich weiter rasant zu. Mit Stand vom Freitag (17. April) lagen bereits 63.189 genehmigungsfähige Anträge für 871.039 Jobs vor, teilte Arbeitsministerin Christine Aschbacher am Montag mit. Dazu kommen noch über 15.000 Anträge, bei denen Informationen fehlen und die erst vom AMS nachbearbeitet werden müssen. Eine Woche davor (10.4.) hatte es Anträge für 608.607 Jobs gegeben.
Auch das für Kurzarbeit bewilligte Geld dürfte damit nicht ausreichen. 39.298 Anträge mit einer Bewilligungssumme von rund 4,3 Milliarden Euro wurden bereits genehmigt, heißt es in der Aussendung. Die Mittel für Kurzarbeit waren vorige Woche von drei auf fünf Mrd. Euro aufgestockt worden.
Der Ansturm auf die Corona-Kurzarbeit hält auch in Niederösterreich ungebrochen an. „In der Woche nach Ostern haben wir die Marke der 200.000 Beschäftigten, die in Niederösterreich in Kurzarbeit beschäftigt sind, durchstoßen“, so AMS-Chef Sven Hergovich und der für den Arbeitsmarkt zuständige Landesrat Martin Eichtinger. Per 19. April waren in Niederösterreich 206.034 Personen in Kurzarbeit beschäftigt. In nur wenigen Tagen – von 13. bis 19. April – ist somit das Kurzarbeitsvolumen, was sowohl die Zahl der erfassten Anträge als auch der Arbeitskräfte in Kurzarbeit betrifft – um beinahe die Hälfte gestiegen. Täglich werden 500 Anträge bewilligt.
„Auch für die Lehrlinge ist die neue Form der Kurzarbeit möglich. Unser Ziel ist es, dass junge Menschen die bestmögliche Ausbildung erhalten und in ihrem Betrieb weiterhin lernen können. Sie sind die Fachkräfte der Zukunft, deshalb müssen wir sie unbedingt in den Betrieben halten. Gemeinsam mit dem AMS und den Sozialpartnern ziehen wir hier an einem Strang, um unsere Landsleute und Betriebe bestmöglich zu unterstützen“, sagt Landesrat Martin Eichtinger. „Die Höchstzahl der Anträge, die bei uns eingelangt ist, ist noch nicht erreicht. Es treffen noch laufend viele Begehren ein. 180 Kolleginnen und Kollegen arbeiten auf Hochdruck an der Abwicklung der Kurzarbeit“, erklärt der Landesgeschäftsführer des AMS NÖ, Sven Hergovich.
Die Härtefallmaßnahmen der schwarz-grünen Regierung gingen völlig an der Realität von Ein-Personen-Unternehmen (EPU) vorbei, sagen die Neos und fordern ein Zurück an den Start. „Wir brauchen Unterstützungszahlungen, mit denen man auch überleben kann“, so die pinke Abgeordnete Henrike Brandstötter am Montag in einem virtuellen Pressegespräch.
„Die Regierung kann sich unter EPU nichts vorstellen“, sagte Brandstötter. Dem „handelsüblichen Politiker“ fielen neben Ärzten und Anwälten vielleicht noch Kleinstgrafiker ein. Dabei sei die Vielfalt der EPU enorm; sie machen laut Wirtschaftskammer (WKÖ) mehr als die Hälfte der aller Unternehmen in Österreich aus.
Nach Ansicht von Brandstötter werden EPU aber als Almosenempfänger betrachtet, was sich gewissermaßen in den bisherigen Härtefallmaßnahmen widerspiegle. Da viele Einzelunternehmer projektbasiert arbeiteten und momentan zum Beispiel noch von Jänner-Einnahmen lebten, beginne für viele die Krise erst, wenn der Härtefallfonds längst ausgeschöpft sein wird. „Anscheinend weiß die Regierung schon jetzt, dass die Krise mit 15. Juni vorbei ist“, sagt die Neos-EPU-Sprecherin. Die Unternehmer der Eventbranche etwa „wissen schon jetzt, dass sie bis Ende August keinen einzigen Auftrag haben.
Auch die hohen Fixkosten der EPU, etwa Mieten, Betriebs- oder Lizenzkosten, würden momentan nicht berücksichtigt. Und: „EPUs können sich nicht selbst in Kurzarbeit schicken.“ Wenn sie jetzt ihren Gewerbeschein zurücklegen, um Arbeitslosengeld zu beziehen, „tappen sie in die nächste Falle“, so Brandstötter. Viele Einzelunternehmer seien noch in der dreijährigen Gründerphase mit steuerlichen Erleichterungen, und wenn sie sich ihren Gewerbeschein später wieder holen, „sind sie nicht mehr da drin“.
Auch monierte Brandstötter unzureichende Informationen vonseiten der Wirtschaftskammer. Bei zwei Rechenbeispielen auf der Website werde beispielsweise nicht erwähnt, dass die Unterstützungsgelder, die Unternehmen in der Phase 1 bekommen haben, in der Phase 2 abgezogen würden.
Brandstötter schlägt vor, dass EPU für die Dauer der Krise einen branchenspezifischen Durchschnittsgewinn ausbezahlt bekommen und dass die laufenden Kosten schon jetzt berücksichtigt werden, nicht erst am Ende des Jahres. Den Verweis, Einzelunternehmer sollten sich an ihre Hausbank wenden, lässt die Neos-Politikerin nicht gelten. Viele EPU hätten gar keine Beziehung zu Banken, sondern lediglich ein Konto.
Zudem erneuerten die Neos ihre Forderung nach einer Entbürokratisierung und Flexibilisierung, etwa einer Überarbeitung des Gewerberechts - damit die Wirtschaft nach der Krise schnell wieder anspringe. Ebenfalls Verbesserungsbedarf gebe es bei der „wirklich mauen“ Datenlage zu EPU. Die Statistik Austria habe zwar einiges, aber das werde nicht aufbereitet.
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