Kunden laufen Sturm gegen Ankerkraut-Übernahme durch Nestlé

Mineralölrückstände in Nestle-Produkten
Der Hamburger Gewürzhändler Ankerkraut hat die Mehrheit der Firma an den Lebensmittelkonzern Nestlé verkauft. Ein heftiger Shitstorm war die Folge.

Der Hamburger Gewürzhändler Ankerkraut hat sich mit dem Verkauf der Firmenmehrheit an den Nahrungsmittelkonzern Nestlé einen veritablen Shitstorm eingehandelt. Allein bei Facebook gingen bis Freitag mehr als 20 000 Kommentare beim Ankerkraut-Account ein - und fast alle waren negativ. Ähnlich sah es bei Twitter und Instagram aus. Viele werfen den Gründern Anne und Stefan Lemcke vor, ihre Werte verraten zu haben, und kündigen einen Boykott der Ankerkraut-Produkte an. Auch etliche Influencer, darunter etwa LeFloid, wenden sich von dem Unternehmen ab, das vor allem durch den Auftritt in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) 2016 bekannt wurde.

Das Gründerpaar Lemcke wurde offensichtlich von der Heftigkeit der Proteste überrascht. Sagte eine Sprecherin zunächst noch, „wenn natürlich jetzt jemand sagt "Tschüss Ankerkraut", dann ist das eben so“, riefen Anne und Stefan Lemcke später Kritiker zur Mäßigung auf und räumten ein, dass die Proteste nicht spurlos an ihnen und den Beschäftigten vorbeigingen. Das Unternehmen stehe für „einen engen Austausch mit unseren Fans“, sagte das Gründerpaar der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb verschließe man sich auch jetzt nicht der Debatte. „Was wir nicht akzeptieren, sind Hass im Netz und Beleidigungen der Menschen, die bei Ankerkraut arbeiten.“

"Ankerkraut bleibt Ankerkraut"

Der Groll der Kritiker richtet sich ausschließlich gegen die Wahl des neuen Partners. Der Nestlé-Konzern steht seit Jahren in der Kritik. Viele werfen ihm vor, mit seinen Produkten Profit auf Kosten der Ärmsten zu machen. Er steht aber auch im Feuer wegen der Rodung des Regenwalds, der Ausbeutung von Wasserressourcen und zuletzt wegen Geschäften mit Russland während des Ukraine-Kriegs. LeFloid - bekannt durch sein Interview mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Juli 2015 - schrieb seinen rund 685 000 Instagram-Followern: „Da eine Kooperation mit Nestlé für uns nicht in Frage kommt, sehen wir keine andere Option, als die Zusammenarbeit mit Ankerkraut schnellstmöglich zu beenden.“

Das Gründer-Paar betonte, es sei fest entschlossen zu beweisen, „dass wir es ernst meinen, wenn wir sagen: Ankerkraut bleibt Ankerkraut, wir werden weiterhin als eigenständiges Unternehmen tätig sein“. Ankerkraut hat nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 230 Beschäftigte und erzielt mit dem Verkauf von mehr als 500 Gewürzen und Gewürzmischungen, Soßen, Tees sowie Zubehör einen Umsatz im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Anne und Stefan Lemcke, die als Gesellschafter und Markenbotschafter an Bord bleiben wollen, entschuldigten sich gleichzeitig bei erbosten Kooperationspartnern. „Es tut uns aufrichtig leid, dass wir sie nicht im Vorfeld informieren konnten und sie von der Nachricht überrascht wurden.“

2013 gegründet

Unterstützung kam vom „Höhle der Löwen“-Juror und Investor Frank Thelen, der damals Ankerkraut unter seine Fittiche genommen hatte. „Wow, wer hätte das bei Eurem DHDL Auftritt gedacht?!? Jetzt seid Ihr selber Löwen und gewinnt mit Ankerkraut Nestlé als Partner“, gratulierte er auf Facebook. Die Liebe für das Produkt, die Passion das Team und eine starke Kommunikation hätten Ankerherz zu einem der erfolgreichsten Food-Startups gemacht. „Wir sagen an dieser Stelle Danke, Respekt und wünschen weiterhin viel Erfolg.“

Ankerkraut, 2013 im Süden Hamburgs als Start-up gegründet, hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Nestlé die Mehrheit an der Firma übernimmt. Der Konzern habe die Anteile der bisherigen Investoren - EMZ Partners, Thelens Freigeist Capital und Knälmann Ventures - sowie Teile der Management-Anteile übernommen und werde damit zum Mehrheitseigentümer der Ankerkraut GmbH.

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