Kassen-Fusion: ÖGB warnt vor „Ende der Selbstverwaltung“

Kassen-Fusion: ÖGB warnt vor „Ende der Selbstverwaltung“
Ist die Reform der Gebietskrankenkassen verfassungswidrig? Experten bezweifeln das.

Für Wolfgang Katzian geht es um viel, insofern darf man jetzt auch in drastischen Bildern formulieren: Von einem „Anschlag“ auf die Gesundheitsversorgung der Österreicher, sprach der Präsident des Gewerkschaftsbundes – und sah „blutig erkämpfte Rechte“ in ernsthafter Gefahr.

Am Freitag endete die Begutachtungsfrist für jenes Gesetz, mit dem die Bundesregierung die Sozialversicherung reformieren will. Und weil der ÖGB eine besonders negative Stellungnahme abgegeben hat, wollte Katzian die Gründe für die Einwände noch im Detail darlegen.

Wie berichtet, macht die Reform unter anderem aus den neun Gebietskrankenkassen eine Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK); der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird umgebaut, die Entscheidungsgremien verändert.

Katzian und der ÖGB sehen damit das „Ende der Selbstverwaltung“ in der Sozial- bzw. Krankenversicherung. Eines ihrer stärksten Argumente: In den Verwaltungsgremien, in denen die wichtigsten Entscheidungen der ÖGK getroffen werden, seien die Versicherten nicht mehr in der Mehrheit, im Gegenteil: Die Gremien würden künftig paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beschickt. „In Zukunft können die Arbeitgeber alle Entscheidungen blockieren“, wettert Katzian.

Unter Experten strittig

Auch der Umstand, dass das Gesundheitsministerium künftig nicht nur eine kontrollierende, sondern eine „steuernde Funktion übernehmen soll“, halten die Interessenvertreter für verfassungswidrig. Die Konsequenz: Sie fordern Nachverhandlungen und kündigen Widerstand an.

Unter Experten ist strittig, ob die Reform klar verfassungswidrig ist. Der Verwaltungs- und Verfassungsrechtler Bernhard Raschauer etwa beurteilt den Gesetzesentwurf als „hervorragend“ und sieht in der Parität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretern kein verfassungsrechtliches Problem. „Die Frage, wie Verwaltungsräte beschickt werden, liegt allein beim Gesetzgeber“, sagt Raschauer zum KURIER.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein will alle „konstruktiven, positiven Vorschläge“ noch in den Gesetzesentwurf einarbeiten. Es scheint Eile geboten. Denn laut dem KURIER vorliegenden Informationen soll die Reform schon am Mittwoch den Ministerrat passieren.

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