"Kartoffel-Kartell" empört deutsche Verbraucher
Erdäpfel als zu teures Gut? In Deutschland sorgt ein mutmaßliches "Kartoffel-Kartell" für Schlagzeilen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sollen Betriebe durch illegale Preisabsprachen den Preis künstlich hoch gehalten haben. Dadurch sei deutschen Verbrauchern und Bauern ein Schaden von mehr als 100 Millionen Euro entstanden. Nun laufen die Ermittlungen. Das mutmaßliche Kartell habe nach Schätzungen eines Branchen-Insiders seit der Gründung vor etwa zehn Jahren einen Gewinn in dreistelliger Millionenhöhe gemacht. Die Bild-Zeitung berichtet sogar von einem Gewinn in Höhe von rund einer Milliarde Euro über zehn Jahre.
Laut SZ sollen 80 bis 90 Prozent der großen und größeren Verarbeitungsbetriebe in der Erdäpfel- und Zwiebel-Branche regelmäßig die Preise abgesprochen haben, zu denen die Supermarkt-Ketten beliefert wurden. Zeitweise soll die Gewinnmarge rasant in die Höhe gestiegen sein und sich mitunter verzehnfacht haben, vor allem auf Kosten der Verbraucher. Diese sollen in den Supermärkten weit mehr gezahlt haben als notwendig. Auch Pflanzkartoffeln für die Bauern sollen mit weit überhöhten Preisen verkauft worden sein.
Untersuchungen
Das Bundeskartellamt hatte am Freitag Ermittlungen wegen illegaler Preisabsprachen bestätigt. Neun Unternehmen aus dem Bereich Erzeugung und Vertrieb seien durchsucht worden. Außerdem seien gegen fünf weitere Unternehmen schriftlich Bußgeldverfahren eingeleitet und die Wohnung eines Verdächtigen überprüft worden, teilte das Amt in Bonn mit. Dem Bericht der Bild-Zeitung zufolge stammen fünf der verdächtigen Firmen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern.
Das Kartell habe ganz einfach funktioniert, sagte ein Branchenkenner der SZ. Es soll eine Art Anführer gegeben haben, der beispielsweise vor den Bestellungen der großen Discounter-Ketten die Kollegen angerufen und den Wochen-Preis ausgemacht habe. Die Angebote sollen sich dann nur um einen oder ein paar Cent unterschieden haben. Der Geschäftsführer einer der durchsuchten Firmen wies die Vorwürfe zurück. "Wir haben kein schlechtes Gewissen, wir sind da relativ gelassen", sagte er der Zeitung. Dass ein solches Kartell existiert habe, könne er sich nicht vorstellen.
"Auch Bauern geschädigt"
Die deutsche Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat die Ermittlungen begrüßt. Nicht nur die Verbraucher, sondern auch viele Landwirte seien durch Absprachen großer Kartoffelhandels-Unternehmen möglicherweise massiv geschädigt und betrogen worden, erklärte der niedersächsische AbL-Vorsitzende Ottmar Ilchmann am Samstag. Er verwies darauf, dass mehrere Landwirte seit langem ein undurchsichtiges und marktbeherrschendes Gebaren großer Kartoffelzucht- und Kartoffelhandels-Unternehmen kritisierten.
Die AbL forderte deutlich mehr Markttransparenz, eine stärkere Bündelung der Interessen der Kartoffelbauern gegen Zucht- und Großhandelskonzerne. Die dringende Notwendigkeit einer eigenen Interessenvertretung der Landwirte gegenüber den Abnehmern ihrer Erzeugnisse werde durch die Nachrichten von einem Kartell erneut bestätigt.
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