Zuständig für gute Laune
1 Frau Bethge, welcher Job steht auf Ihrer Visitenkarte?
Magdalena Bethge: Es steht Feelgood-Managerin auf meiner Visitenkarte. Im ersten Moment sind viele skeptisch. Nachdem ich den Job erklärt habe, höre ich meist: „Ah, so jemanden hätte ich auch gerne bei uns.“
2 Wozu braucht es eine Feelgood-Managerin?
Eingestellt wurde ich, weil bei Jimdo großes personelles Wachstum anstand. Ich wurde geholt, um die wertschätzende Kultur hier zu erhalten, um die Leute zusammenzuhalten. Wir haben Mitstreiter, müssen innovativ und schnell sein. Das ist leichter zu erreichen, wenn man einander gut kennt, denn dann muss man keine Angst haben, kann Kritik äußern. Wenn man gerne zur Arbeit geht, ist man produktiver.
3 Ab welcher Unternehmensgröße ist eine Feelgood-Managerin sinnvoll?
In einer kleinen Gruppe kann man einander gut selbstständig kennenlernen. Ab 150 Menschen ist es schwierig, sich Namen und Gesichter zu merken. Und das ist ja wohl das Mindeste. Sobald man den Überblick verliert, muss man etwas tun.
4 Was haben Sie heute für das Wohlbefinden der Kollegen getan?
Ich habe mich darum gekümmert, dass es bei Jimdo bald eine Kinderbetreuung geben wird, die Mitarbeiter gefragt, was sie sich wünschen, die pädagogische Konzeption erstellt. Ich habe mit unserem Personaler überlegt, was wir zusätzlich tun können, um Neuen den Anfang zu erleichtern. Wir haben bereits ein Handbuch, machen Büroführungen, gemeinsame Veranstaltungen. Ich habe mit unserer Flow-Managerin, die für Arbeitsprozesse zuständig ist, besprochen, was nötig ist damit Arbeitsabläufe gut funktionieren.
5 Was zählt sonst zu Ihren Aufgaben?
Ich habe keinen Jahresplan auf dem steht, was zu tun ist. Man macht, was ansteht. Müllshoppen zum Beispiel: Jeder darf seinen Arbeitsplatz hier gestalten, wie er will. Es sieht also eher gemütlich aus, als ordentlich. Da ist es manchmal notwendig, dass man aufräumt. Also fahre ich mit einem Einkaufswagen und sammle ein, was nicht mehr gebraucht wird.
6 Was brauchen Menschen am Arbeitsplatz, um sich wohlzufühlen?
Wertschätzung und Anerkennung.
7 Wo hört Wohlfühlkultur auf und wo fängt Bespaßung an? Wann ist es genug des Wohlfühlens?
Es gibt immer unterschiedliche Zeitpunkte. In Zeiten, in denen eine Gruppe sehr viel zu tun hat, bemühe ich mich sehr um sie, gehe Müllshoppen, bringe ihnen Süßigkeiten. Ausgenutzt fühle ich mich nie.
8 Was machen Sie als Feelgood-Managerin an Tagen, an denen es Ihnen nicht gut geht?
Ich bin zum Glück ganz selten schlecht drauf. Aber hier darf jeder auch mal schlecht drauf sein – auch ich. Wenn man die Möglichkeit hat, über die miese Laune zu reden, ist es oft gleich viel besser. Wenn jemand nicht gut gelaunt ins Büro kommt, wird das nicht nur von mir bemerkt, es fällt allen auf. Die Feelgood-Kultur wird hier gelebt.
9 In welchen Situationen sind selbst Sie machtlos?
Wenn es draußen regnet und wir grillen wollen. Aber dann grillen wir eben drinnen.
10 Welche Ausbildung empfehlen Sie? Welche Skills sollte man mitbringen?
Es gibt keine richtige Ausbildung zur Feelgood-Managerin. Man braucht jedenfalls Empathie, einen Blick für die Mitmenschen, Interesse am Menschen, ein offenes Ohr und Ideen. Gute Laune hilft natürlich auch.
11 Jimdo ist ein Start-up. Ist eine Feelgood-Managerin auch in traditionellen Unternehmen eine Option? Was sagen Sie Unternehmenslenkern, die sich nicht für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zuständig fühlen?
Bei uns ist das die Unternehmenskultur: Wir haben bei Jimdo eine ganze Feel-Good-Lobby, einen Koch, eine Flow-Managerin, eine Architektin „Captain Chaos“, die sich ums Office kümmert. Wir hatten erst kürzlich einen Tag der offenen Tür, wo wir gemerkt haben, dass auch von großen Unternehmen Interesse an so einer Stelle da ist. Ich glaube aber nicht, dass das, was ich hier mache, für jedes Unternehmen das Richtige ist.
12 Wie viel verdienen Sie?
Genug, dass ich gerne zur Arbeit gehe. Das Gehalt gehört auch zur Wertschätzung.
13 Ist das ein Job mit Zukunft?
Das hoffe ich doch.
Magdalena Bethge, Jahrgang 1982, ist Feelgood-Managerin bei Jimdo in Hamburg. Bevor sie im Juli 2011 hier anfing, arbeitete die studierte Pädagogik- und Sportwissenschaftlerin als Sporttherapeutin in einer Reha-Klinik.
Jimdo wurde 2007 von Christian Springub, Fridtjof Detzner und Matthias Henze gegründet. Die drei Jungunternehmer entwickelten einen für jedermann geeigneten kostenlosen Webseiten-Baukasten.
Glücklich im Job
Mit ihrem Leben insgesamt sind die Europäer mit einer durchschnittlichen Bewertung von 6,3 von zehn mäßig glücklich. Hinsichtlich der Zufriedenheit im Job liegt die Durchschnittsbewertung laut einer Stepstone-Studie nur bei 5,5 von zehn. Arbeitgeber schätzen das Glück der Arbeitnehmer höher, mit 7,2 von zehn Punkten ein.
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