Unternehmer im Lockdown: „Wir halten durch “

Unternehmer im Lockdown: „Wir halten durch  “
Noch immer ist Lockdown. Drei Unternehmer über das Warten und die Hoffnung, wieder arbeiten zu dürfen.

„Aufgeben ist keine Option“

Die Agenturchefin Alexa Oetzlinger muss sich einen zusätzlichen Job suchen, weil ihr Geschäft völlig weggebrochen ist. Um ihre Agentur kämpft sie weiterhin.

Unternehmer im Lockdown: „Wir halten durch  “

Ihre Künstleragentur will Alexa Oetzlinger nicht aufgeben.  Kraft zum Durchhalten geben ihr ihr Freund und ihre Katzen

Ihre Welt ist das Kabarett. Ihre Welt steht seit Anfang der Pandemie still. Alexa Oetzlinger gründetet vor drei Jahren eine Künstleragentur und vertritt seitdem Kabarettisten, Schauspieler, Moderatoren und Gagautoren. Klassisches Booking, Marketing und die Organisation von Events gehören zu ihren Aufgaben.

„Aber eigentlich bin ich ein Mädchen für alles“, so die 45-Jährige. Alles ist auch das, was sie jetzt unternimmt, damit ihr Business am Leben bleibt. „Ich habe seit März die meisten Termine der Künstler bis zu neun Mal verschoben und die Termine, die stattgefunden haben, haben aufgrund der Maßnahmen wesentlich weniger Geld gebracht. Ich kämpfte lange um finanzielle Zuschüsse, da ich seit März 2020 kaum mehr Einnahmen habe. Zusammen mit anderen Künstlerinnen, Agenturen und Häusern haben wir die IG Kabarett gegründet, um gemeinsam aufzutreten und mit der Regierung zu verhandeln.“

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Keine Unterstützung bis Februar 2021

Eine Förderung für den kabarettistischen Nachwuchs, der besonders unter der Situation leidet, ist dabei entstanden. Bis Februar 2021 bekommt sie keine Unterstützung. Ab dann kann auch sie Umsatzersatz beantragen.

„Die Agenturen dürfen offen haben. Das bringt nur nichts, da wir von den Einnahmen der Künstlerinnen abhängig sind.“ Alexa Oetzlinger lebte lange von Ersparnissen und sucht sich jetzt einen Job, „irgendwo als Angestellte.“

Düstere Aussichten

Die Zukunft sieht sie düster. „Selbst, wenn wieder aufgesperrt wird, werden viele nicht ins Theater gehen, weil sie kein Geld haben oder sich vor Eintrittstests abgeschreckt fühlen. Und ich selbst werde die kommenden Jahre einen Teilzeitjob haben und nebenbei versuchen, mein Geschäft zu retten. Das bedeutet   eine 60 bis 80 Stunden Woche.“ Es gibt Tage, an denen sie bis vier Uhr nachmittags heulend im Bett liegt. „Aber dann rappelt man sich wieder auf. Denn aufgeben ist keine Option.“

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Mit dem Lockdown kommt sie klar, das System ist es, das sie frustriert. „Ich fühle mich verarscht. Man sieht, welchen Stellenwert die Kunst- und Kulturbranche in diesem Land hat, wenn andere mit einem Sicherheitskonzept offen haben dürfen und wir nicht. Aber wenn Menschen Kriege überlebt haben, dann überleben wir das auch.“

„Ich bin eine Kämpferin!“

Ihr französisches Bistro eröffnete Denisa Vikartovska mitten in der Pandemie. Unterstützung vom Staat bekommt sie keine, aufgeben will sie trotzdem nicht.

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Besitzerin des  französischen Lokals Ma Belle in der Gumpendorfer Straße 16  in 1060 Wien, lebt derzeit von ihren Ersparnissen

 

Denisa Vikartovska ist in der Slowakei aufgewachsen. Ihre Mutter führte dort in einem kleinen Ort in den Bergen ein Restaurant und Denisa lernte schon als kleines Kind die Liebe zur Gastronomie kennen.

Über 30 Jahre später, in Österreich lange angekommen und nach einer beeindruckenden Karriere in der Gastronomie hat Denisa ihren Traum vom eigenen Restaurant verwirklicht und Ende 2019 ein Lokal in der Gumpendorfer Straße gekauft.

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Ma Belle in der Gumpendorfer Straße

Eröffnung im Corona-Jahr

„Keine Küche ist so vielseitig und zudem die Basis aller Küchen wie die französische. Aus dem Grund wollte ich auch ein französisches Bistro“, sagt Vikartovska heute. Die Pläne dazu wurden im Jänner und Februar 2020 geschmiedet. Dann kam der erste Lockdown und der Umbau verzögerte sich.

Das Bistro samt Bar mit dem Namen „Ma Belle“ eröffnete schließlich Mitte Juli – mit höheren Kosten und später als geplant, aber mit großem Erfolg. „Die Leute lieben unser Konzept und wir waren wirtschaftlich gut unterwegs“, sagt die 39-Jährige. Jetzt ist seit November wieder zu und Denisa ist deprimiert.

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Keine Hilfen für Neugründungen

„Da ich als Neugründerin gelte, bekomme ich so gut wie keine Unterstützung vom Staat. Ich habe sieben Mitarbeiter, die ich nicht kündigen will. Ich habe einen vierjährigen Sohn und  Ausgaben monatlich von ca. 25.000 Euro und habe bis jetzt nur einmalig 2300 Euro vom Staat erhalten.“ Sie lebt derzeit vom Ersparten. Davon zahlt sie auch ihre Mitarbeiter.

„Natürlich habe ich einen Antrag auf Kurzarbeit gestellt und zigmal bei der Servicehotline angerufen. Ich renne dem Geld hinterher, aber bis jetzt habe ich keine Antwort bekommen.“ Hätte sie keine Ersparnisse, wäre sie schon längst pleite. „Auch wenn wieder aufgesperrt wird, weiß man ja nicht, ob die Sperrstunde am Abend wieder kommen wird oder andere Einschränkungen.

Allein 70 Prozent des Umsatzes machen wir nach 18 Uhr.“ Aufgeben tut Denisa Vikartovska trotzdem nicht. Sie will stark sein, für ihre Mitarbeiter und ihren Sohn: „Ich bin eine Kämpferin und ich habe schon so viel geschafft in meinem Leben. Das schaffe ich auch noch!“

„Ich bin nicht der Typ für Ängste“

Peter Pichlers Zukunft hängt von den finanziellen Hilfen des Staates ab und kann es nicht erwarten, sein Hotel bald wieder aufsperren zu dürfen.

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Die Familie in drei Generationen (v.l.): Peter (Senior), Anna, Nora, Nina, Jonas, Peter. Vor drei Jahren wurde umgebaut, jetzt fehlen die Gäste

Über vier Millionen Euro investierte Familie Pichler vor drei Jahren in den Umbau ihres Vier-Sterne-Hotels „Molzbachhof“ im niederösterreichischen Kirchberg am Wechsel. „Wir haben um ein Drittel, auf 55 Zimmer vergrößert, ein Pool  kam dazu und das ganze Konzept verfolgt jetzt eine regionale, nachhaltige Schiene“, sagt Inhaber Peter Pichler.

Vor Corona lief das Geschäft hervorragend. „Der Umsatz hat sich nach dem Umbau verdoppelt und wir hatten eine Auslastung von 75 Prozent aufs Jahr gerechnet.“ Dann kam Corona. Das Jahr beschreibt Pichler so: „Am Anfang der Pandemie lag der Umsatz bei null. Dann hatten wir den stärksten Sommer seit der Eröffnung im Jahr 1969 und dann waren wir wieder bei null.“

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Leben von Zuschüssen

Familie Pichler  und die 40 Mitarbeiter leben derzeit von den Zuschüssen des Staates. „Mit den Hilfen können wir unsere Kosten decken. Gäbe es die nicht, müsste ich meine Mitarbeiter kündigen und Kredite aufnehmen.“ Sein Team und er sind im Lockdown enger zusammengerückt.

„Wir versuchen, unsere Mitarbeiter am Laufenden zu halten. Außerdem ist die Wertschätzung gegenüber der Arbeit gestiegen. Wir freuen uns alle  darauf, wenn wieder aufgesperrt wird.“ Wann und wie das sein wird, weiß auch er nicht. „Die Ungewissheit, und das sagen ja alle, ist das Schlimmste. Das ist auch das, was am nervenaufreibendsten ist.“

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Ängste hat Peter Pichler keine. „Ich bin nicht der Typ dafür.“ Pichler ist zuversichtlich, dass es bald wieder weitergehen wird. „Ja, es wird Einschränkungen und Auflagen geben, aber die Gäste werden kommen. Unsere nachhaltige Schiene ist am Puls der Zeit und darum werden wir auch wieder erfolgreich sein. Ich weiß es einfach. Ich weiß es.“

- Claudia Weber

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