Vom Kanzler zum Berater: Karl Nehammer und die Consulting-Welle

Vom Kanzler zum Berater: Karl Nehammer und die Consulting-Welle
Berater ist ein idealer Job, um sich selbstständig zu machen – der Umstieg funktioniert aber erst nach einer (erfolgreichen) Karriere gut.

Soeben war er noch der Bundeskanzler der Republik Österreich. Die Beine hochgelegt, hat Karl Nehammer nach seinem Abschied aus der Politik aber nicht. Er schlug einen neuen Karriereweg ein und ließ die Nehammer Consulting GmbH ins Firmenbuch eintragen. Einziger Gesellschafter ist er selbst.

Der ehemalige ÖVP-Chef ist also jetzt Berater. Sein Angebot: strategisches und allgemeines Consulting. Eine konkrete Vorstellung ergibt sich da nicht – denn der Beruf des Beraters ist facettenreich und vielleicht auch deshalb so hoch im Kurs.

25.422 Berater in Österreich

Fast 1.000 Personen machen es dem Altkanzler gleich und reihen sich jährlich in die Riege der Consultants. 2024 zählt der Fachverband Ubit der Wirtschaftskammer Österreich 25.422 selbstständige Unternehmensberater. 20 Jahre davor waren es noch 7.554. Was die Branche so attraktiv macht, weiß Berufsgruppensprecher Wilfried Drexler, selbst Unternehmensberater im burgenländischen Pinkafeld.

Wer sich selbstständig macht, muss mit Kosten und Anfangsinvestitionen rechnen. Consultants brauchen nur sich selbst, einen Laptop und im besten Fall ein Auto, so Drexler. Auch die Gewerbeanmeldung schlägt sich kaum zu Buche. 90 Prozent würden sich für ein Einzelunternehmen entscheiden. Hier ist die Anmeldung kostenlos, der Firmenbucheintrag optional. Komplett „gratis“ kommt der Beruf aber nicht daher, klärt Drexler auf.

Anfangsinvestition: Erfahrung

Es brauche „ein gewisses Erfahrungspotenzial“, das über Jahre gesammelt wird. Nur mit Befähigungsnachweisen allein (siehe Kasten unten) und Wirtschaftswissen aus dem Lehrbuch, ist in der Branche nicht viel zu holen. Wer sich zu schnell den Berater aufs Firmenlogo schreibt, kann auch bald wieder weg vom Fenster sein, weiß Drexler und betont, dass sich die Drop-out-Quote nur auf zehn bis maximal 20 Prozent beläuft. Die Qualität der heimischen Berater bewertet er somit als hoch.

Uni-Absolventen durchlaufen häufig erst die Kaderschmieden der „Big Four“-Wirtschaftsprüfer. Erfahrene Berater und Manager wechseln nur dann, wenn sie gut vernetzt sind und bis zu zehn potenzielle Kunden im Auge haben.

„Das ist ein Job auf höchster Vertraulichkeitsbasis“, sagt Wilfried Drexler. Hat man sich das Vertrauen erst erarbeitet, ist die Kundschaft treu. „Den Berater wechselt man nicht wie sonst irgendwas“, ergänzt er. Zum (gut) leben, genügt dann ein großer oder vier bis fünf reguläre Kunden, berichtet der Berufsgruppensprecher und hat eine erfreuliche Nachricht für alle Nachwuchs-Consultants: Leergefischt ist der Kunden-Teich noch lange nicht.

Berater kommen selten allein

Die Struktur der Wirtschaft verändert sich, erklärt Drexler. Der Bürokratieaufwand in Unternehmen wird größer (Stichwort: Nachhaltigkeitsberichte etc.). Die Expertise soll von außen kommen. Nur in seltenen Fällen wird der externe Berater später ins Unternehmen integriert.

Zum einen, weil die Firmen das aus Kostengründen nicht wollen, zum anderen, weil die Berater nur ungern ihre gewonnenen Freiheiten aufgeben. Oder sich bereits ein eigenes Consultingnetzwerk geschaffen haben, in dem sie agieren. Denn das Tätigkeitsfeld ist breit – reicht von Strategie und Finanzen über Personal und Marketing bis hin zu Technik und Mediation. Und das alles abzudecken, schafft nicht einmal der erfahrenste Berater allein.

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