Träume zulassen
Was Marcel Friederich machte? Ein Praktikum bei FC Schalke 04 – dort, wo auch sein großes Idol Manuel Neuer spielte. Den Fußballstar traf Friederich später persönlich, um ihn zu interviewen – nicht nur einmal.
Marcel Friederich startete eine beachtliche Karriere im Sportjournalismus, begegnete Superstars wie Fußballer Cristiano Ronaldo und den Basketballspielern Dirk Nowitzki und Kobe Bryant, war Chefredakteur des Basketball-Magazins BIG und zuletzt Leiter der externen Unternehmenskommunikation der Deutschen Fußball Liga (DFL) – dem Dachverband der ersten und zweiten Bundesliga.
Als Mensch mit Behinderung hatte er das Gefühl, sich mehr beweisen zu müssen – einerseits, weil es nach wie vor gesellschaftliche Berührungsängste oder Vorurteile gegenüber Menschen gibt, die nicht der „Norm“ entsprechen. Andererseits, weil man bekanntlich sein eigener schärfster Kritiker ist. Es ist wie in einer Beziehung, sagt Friederich zum KURIER, der ihn per Videotelefonat erreicht. „Bevor man bereit ist, eine andere Person zu lieben, muss man sich selbst lieben.“
So war es auch beruflich. Friederich arbeitete hart, verschaffte sich Respekt in der Sportbranche, die in vielen Bereichen von Ellenbogen-Mentalität geprägt ist. „Ich habe sehr viel kompensiert durch meine Arbeit“, erkennt er rückblickend.
Erst vor ein paar Jahren wurde ihm bewusst, was er bereits geleistet hat. 2023 war er zu Gast in einem Podcast, sprach über sein Leben mit körperlicher Behinderung und bekam anschließend viel Zuspruch. „Du gibst Mut und Kraft, weil du so offen mit deiner vermeintlichen Schwäche umgehst“, wurde ihm gesagt. Geglaubt hat das Friederich anfangs nicht. Irgendwann gestand er sich aber ein: Da muss etwas dran sein. Und kündigte Ende 2024 seinen sicheren Job bei der Deutschen Fußball Liga.
Mut machen
„Da rollt jetzt eine kleine Welle heran“, sagt Friederich. Eine Welle aus Menschen, die anderen Menschen Mut machen wollen. Darunter der ehemalige Fußballspieler Thomas Hitzlsperger, der sich als homosexuell outete oder die Kommunikationsberaterin Sunniva Ferri, die offen mit ihrer Autoimmunerkrankung Alopecia universalis umgeht.
Es geht darum, Vorbilder zu suchen, in die Öffentlichkeit zu bringen und so ein verständnisvolleres und respektvolleres Miteinander zu erzeugen, erklärt Friederich sein crossmediales „Mutmacher-Projekt“. „Man soll Wege anstreben, die man anstreben möchte“, sagt er. „Und sich ein bisschen lösen davon, was andere sagen oder was einem die Gesellschaft einredet. Was normal ist, was gut aussieht und nicht gut aussieht.“
Offiziell gestartet ist das Projekt heuer im März, im Juni folgen Kampagnen auf Social Media, die von Hannah Schrauth produziert werden, ein Buch und Auftritte. „Ich möchte die Öffentlichkeit sensibilisieren, dass man über diese Themen sprechen kann, ein bisschen eine Lockerheit mit reinbringen“, sagt er. Dass Diskriminierung und Vorurteile abbauen ein ständiger Prozess ist, der wohl nie abgeschlossen sein wird, ist dem Projektleiter bewusst. Davon abhalten, lässt er sich nicht.
„Es war nicht mein Ursprungstraum“, fasst Friederich seine neue Karriere als Speaker, Autor und Motivator zusammen. Jedoch hat ihm sein Weg verdeutlicht: „Man muss Träume zulassen, auch wenn man sie vielleicht nie vollends erreicht.“
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