Top-Managerin Zesch: „Hier ist fast alles Chefsache“

Seit eineinhalb Jahren haben wir wenig gehört von Maria Zesch. Die Managerin, bekannt aus 18 Jahren Karriere bei Magenta, ist nach Deutschland weitergezogen, wo sie CEO bei Takkt ist. Beim deutschen Mittelstandsunternehmen will sie viel reformieren, vor allem aber den Umsatz verdoppeln.
KURIER: Frau Zesch, lange nichts von Ihnen gehört, wie ist es Ihnen ergangen?
Maria Zesch: Sehr gut, auch, wenn das Jahr 2022 komplett anders verlaufen ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Mit Krieg, Supply-Chain-Probleme, einer drohenden Rezession. Mein Plan für 2022 war schnell überworfen, es geht in solchen Phasen alles nur noch kurzfristig.
Was haben Sie mit dem Neuen gewonnen?
Ein Neuanfang ist wie frisch verliebt sein. Ich bin mit viel Freude an die neuen Themen herangegangen. Für mich ist das eine neue Branche, es ist eine globale Verantwortung, ich arbeite in Stuttgart, in einer völlig neuen Unternehmenskultur. Plötzlich im Mittelstand statt im Großkonzern. Da läuft wirklich viel anders.
- Takkt ist ein deutsches Unternehmen mit 2.500 Mitarbeitern, gegründet 1945.
- Takkt ist ein Handelsunternehmen, spezialisiert auf Geschäftsausstattung (B2B).
- Es liefert für drei Zweige: für Produktionsunternehmen (etwa Logistik-Ausstattung wie Scheibtruhen), Restaurants und Catering-Betriebe (etwa die Ausstattung für Küchen) und für Büros.
- Die Takkt-AG macht 1,2 Milliarden Euro Umsatz und ist in Europa und in den USA tätig.
- Maria Zesch ist seit 1. August 2021 CEO bei Takkt.
Sie waren 18 Jahre lang bei Magenta. Wie lange braucht man, um so eine Trennung zu verkraften?
Natürlich gab es die Phase, in der man demütig auf die Vergangenheit schaut. Aber der Abnabelungsprozess hat ehrlicherweise schon vorher begonnen. Ich habe mir lange Gedanken über einen Wechsel gemacht. Die Wehmut und die Tränen über die Trennung waren also schon da, bevor ich Magenta verlassen habe.
Was haben Sie damit aufgegeben?
Vor allem das österreichische Netzwerk. Ich bin jetzt global tätig und nicht mehr in Österreich präsent. Es fällt mir extrem schwer, mein Netzwerk aufrecht zu erhalten. Das fehlt mir und ich möchte das 2023 wieder stärker intensivieren.
Ihr Arbeitsmittelpunkt ist jetzt Stuttgart. Wie erleben Sie die deutsche Arbeitskultur?Es ist ganz anders. In Österreich wird vieles pragmatisch gesehen, in Deutschland gibt es Gründlichkeit und Perfektionismus – das habe ich so nicht erwartet. Geht man nach China, denkt man sofort an die andere Kultur – in Deutschland erwartet man diese Unterschiede nicht.
Takkt ist ein deutsches Mittelstandsunternehmen. Wie unterscheidet sich so ein Unternehmen zu einem Konzern?
Der große Unterschied ist, dass ich hier als CEO für wirklich alles verantwortlich bin. Ich kümmere mich um Themen, die früher ganze Abteilungen selbstverständlich gemacht haben. Im Mittelstand ist fast alles Chefsache.
Wie schnell waren Sie in der neuen Branche firm?
Das Produkt ist anders, aber Verkauf war immer mein Thema. Der Unterschied ist, wie man sein Geschäftsmodell erfolgreich macht: in der Telekommunikation mithilfe von langfristigen Investitionen, etwa dem Netzausbau. Hier aber ist es kurzfristiger und schneller.
Wie konjunkturabhängig ist Ihr Geschäft?
Wie sind auf zwei Kontinenten und in vielen Ländern, wir sind also nicht von einem Markt abhängig. Durch die verschiedenen Industrien, die wir bedienen, können wir auch gut ausgleichen.
Sie sind viel im Ausland – was vermissen Sie dadurch und wie geht das überhaupt mit Familie?
Es geht nur mit dem richtigen Mann, der mich auch sehr motiviert hat, den Job anzunehmen. Ich versuche, am Dienstag in der früh wegzufliegen und am Freitag wiederzukommen. Und einmal im Quartal bin ich in den USA.
Mit welchen Zielen sind Sie angetreten?
Wir müssen wachsen. Wir haben eine Milliarde eines 100-Milliarden-Markts. Das will ich verdoppeln. Und ich will aus Takkt ein Unternehmen machen, das Mitarbeiter anzieht. Das ist für einen Mittelständler viel schwieriger als für einen Konzern.
Sie sind nun seit 1,5 Jahren in der CEO-Rolle. Wie sehen Sie das Spannungsfeld Verantwortung versus Gestaltungsfreiheit?
Ich fühle mich wohl in der Rolle. Es ist immens viel Arbeit, aber es macht Spaß und Freude, ein Unternehmen zu transformieren. Und dabei die gesamte Verantwortung zu haben. Ich sehe es als Chance, meinen Fußabdruck zu hinterlassen.
Wie lange sehen Sie Ihr Engagement bei Takkt?
Mein Vertrag läuft drei Jahre, ich denke, drei bis fünf Jahre sind das Minimum, um einen Change-Prozess gut umzusetzen.
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