Mit Hammer, Teig und Ziegel

Bei den Bäckereien (im Bild Tag der Lehre) gibt es doppelt so viele Lehrstellen als Lehrstellensuchende
5000 Jugendliche probierten am „Tag der Lehre“ sehr unterschiedliche Berufe aus

Das Lachen und Trampeln der Jugendlichen, die Mikrofonstimme des Moderators auf der Bühne und die überlaute Popmusik vom Radiostand verschmelzen zu einer ohrenbetäubenden Geräuschwolke. In Horden sind die Schulklassen gekommen. Vor der Bühne sitzen 200 Schüler, beobachten gespannt, wie Moderator Tom Walek gegen zwei 14-Jährige im Kassazettel-Rechnen antritt. Hier gibt es den ganzen Tag Interviews und Talkrunden. Mit Experten, den World-Skills-Gewinnern und Lehrlingen, hier verleiht Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Abend den Staatspreis an die besten Lehrbetriebe.


Von Stand zu Stand

Rund 50 Unternehmen buhlen im Wiener Museum für Angewandt Kunst (MAK) am „Tag der Lehre“ , Österreichs größter Lehrberufsmesse des Wirtschafts- und Sozialministeriums, um die Lehrlinge der Zukunft. In den Räumen des MAK stürmen Burschen und Mädchen lautstark die Stände der Aussteller, bepacken sich mit Sackerln und Goodies von Ströck, Spar und Zielpunkt. 5000 Besucher werden es an diesem Tag sein. Am Lidlstand grapscht ein frecher Jugendlicher im Vorbeigehen alle Cracker aus der Schüssel. Manuela Pekar, Ausbildungsleiterin von Lidl stürmt hin, ruft: „Jetzt ist es genug.“ Und erklärt gleich darauf achselzuckend: „Auch das gehört zu unseren Gesprächen.“ Die meisten Jugendlichen würden von den Lehrern beauftragt, Fragen an die Ausbildner zu stellen, sagt sie. „Wir haben sehr viele Gespräche geführt. Meist fragen sie, was wir von den Lehrlingen erwarten.“ Mit der Teilnahme an der Messe würden die Jugendlichen Lidl als Ausbildner besser wahrnehmen, ist Pekar überzeugt.


Geboten wird den Jungen einiges: Diskonter Hofer hat eine Supermarktkassa aufgebaut, bei Baukonzern Porr hämmert man Nägel in den Holztisch, die Post bietet die Ausbildung zum „Postronauten“ und lässt ebenjenen im gelben Raumanzug fürs Foto posieren, bei REWE gibt es das persönliche Porträtfoto unter dem „REWE-Bogen“ zum Mitnehmen, die Landesinnung für Maurer und Schalungsbauer steht mit Ziegeln und einer Holzkonstruktion zum Mitbauen parat. Einige Burschen reißen sich am Porr-Stand um den Hammer, um Nägel einzuschlagen. Franz Heissenberger, Leiter der zentralen Lehrlingsstelle, sagt, er sei in einer glücklichen Lage: „In Wien kommen 400 Bewerber auf jährlich 15 Lehrstellen.“ Der Tag der Lehre sei die einzige Messe, an der man präsent sei.

Lehrlinge beraten Jugendliche

Beraten werden die Jugendlichen an allen Ständen von Lehrlingen der Firmen. „Sie sind dadurch schneller offen, haben mehr Vertrauen als wenn das ein graubärtiger alter Mann wie ich tut“, sagt Heissenberger. Peter Huscava, im vierten Lehrjahr zur Doppellehre Maurer und Schalungsbauer und als Berater abkommandiert, meint: „Die häufigste Frage der Jugendlichen ist: Wie viel verdient man?“
Fachmittelschüler Christian, 15, interessiert vor allem die Praxis: Er hat bereits einen Striezel bei Ströck fabriziert, war bei Hofer an der Kassa und hat eine Creme in der Apotheke angerührt. „Ich wollte alles ausprobieren, weil ich noch nicht weiß, was ich machen will“, sagt er. Die zwei zwölfjährigen Mittelschülerinnen Alexandra und Deepika erkundigen sich bei T-Mobile über mögliche Berufe. „Es macht Spaß, hier gibt es so viele Möglichkeiten, Berufe auszuprobieren“, sagt Deepika.

Neue Module

Am ÖBB-Stand gleich gegenüber schlagen einige Mädchen mit einem Meißel Werkstücknummern in Metallplättchen. Die Lehrwerkstättenleiter Franz Hirnschall und Stefan Meerskraut informieren unter anderem über die neue Modulausbildung der ÖBB-Berufsschule: Nach der Lehre in Elektrotechnik oder Elektronik könne man ein sechsmonatiges Spezialisierungsmodul für Eisenbahntechnik anhängen. „Ein Vorteil für Lehrlinge und Unternehmen“, sagt Meerskraut.
Um 16 Uhr leeren sich die Säle. Die Horden stürmen nach draußen, einige Jugendliche diskutieren aufgeregt. Gut möglich, dass mancher jetzt weiß, welchen Beruf er ergreifen will.

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