Mitarbeiter zurück ins Büro holen aber auch etwas bieten: London macht es vor

British flag, Big Ben and Houses of Parliament. London
Weltweit versuchen Firmenchefs, ihre Mitarbeiter wieder in die Büros zu locken. In London geschieht das auf kreative Weise.

Der Kinosaal, so informiert der Bildschirm neben der Tür, zeigt den Thriller „Black Bag“ an diesem Tag um 17.30 Uhr, tags darauf um 19 Uhr. So weit, so – theoretisch – gewöhnlich. Doch dieser englische Kinosaal befindet sich weder im Multiplex noch im Einkaufszentrum – sondern im ersten Stock eines Londoner Bürogebäudes.

Das Kino ist Teil eines größeren Konzepts. „Als ich die Pläne für 40 Leadenhall gesehen habe, war mir klar: Wir müssen bei diesem Projekt dabei sein“, sagt Benjamin Russell, Head of Real Estate der britischen Firma Huckletree, während er ins lichtdurchflutete Atrium führt. Rechter Hand ranken sich einbalsamierte Bäume, links streckt sich eine Bibliothek über zwei Stockwerke.

Seit 2014 hat die Firma knapp 30.000 Quadratmeter Co-Working-Spaces in Großbritannien realisiert. Ab Oktober kommen zwei weitere Stockwerke in der City of London dazu. Für den New-Work-Pionier geht es nicht nur um ein modernes Design und attraktive Ausstattung, sondern um einen grundlegenden Wandel in der Arbeitswelt.

Aus dem Homeoffice

Die Covid-Pandemie hat nicht nur die Welt kurzfristig zum Stillstand gebracht; sie machte das Homeoffice zur Normalität. Viele schätzten die Vorzüge: flexiblere Arbeitszeiten, wegfallende Pendelzeiten und oft höhere Produktivität. Laut Bing-Umfrage wünscht sich derzeit jeder zweite Österreicher vom Arbeitgeber, mehr Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten.

Doch derzeit ebbt der Homeoffice Boom ab: Während 2022, laut Deloitte, noch bei rund 90 Prozent der befragten Unternehmen jeder zweite Mitarbeitende die Möglichkeit hatte, zu Hause zu arbeiten, waren es vergangenes Jahr nur noch 73 Prozent. Mit dieser Tendenz ist Österreich nicht allein. Im Jänner mussten Amazon-Angestellte alle fünf Tage ins Büro zurückkehren. Im selben Monat kündigte die US-Regierung dieselbe Verordnung für alle Bundesbediensteten an. Und diese Woche ließ die britische Bank HSBC Mitarbeitenden wissen, dass ihnen Bonuszahlungen gekürzt werden, wenn sie nicht drei Tage pro Woche ins Büro kommen.

Die Herausforderung für Unternehmenschefs – in Österreich, wie international: Wie lässt sich die Rückkehr in die Büros attraktiv gestalten? In London lautet die Antwort zunehmend: Man schafft Arbeitsorte, die sich nicht wie Büros anfühlen.

Huckletree London

Huckletree London

Angebote wie im Luxushotel: Das Londoner Büroprojekt 40 Leadenhall kommt mit Peloton-Raum und Privatbibliothek. 

Huckletree London

Huckletree London

Angebote wie im Luxushotel: Das Londoner Büroprojekt 40 Leadenhall kommt mit Peloton-Raum und Privatbibliothek. 

Panoramablick Huckletree

Panoramablick Huckletree

Eine Aussicht, die sich sehen lassen kann:  Benjamin Russell sucht für Huckletree Büroobjekte, die Angestellte begeistern 

„Die klassische Arbeitserfahrung gibt es so nicht mehr“, sagt Russell. „Wir denken Immobilien neu – als Teil der Unternehmensstruktur.“ Die Frage sei nicht, wie man junge Talente ins Büro zwinge, sondern wie man sie motivieren könne, einen Tag in außergewöhnlich komfortablem Umfeld zu verbringen?

Russell öffnet die nächste Tür. Der Blick fällt auf eine Reihe neuer Peloton-Bikes. Ein Stockwerk darüber: ein Fitnessraum mit Gewichten, ein Friseur, ein Nagelstudio. Die Idee dahinter: „Wer ins Büro kommt, soll die Freizeit mitdenken können.“ Unterm Dach gibt es das „Baumhaus“, ein Rooftop-Restaurant mit DJ-Pult und Dachterrasse, die einen Blick zur Tower Bridge erlaubt.

Doch sein persönliches Highlight liegt im Keller: 115 Duschen – mit intensivem, feinem Wasserstrahl, angenehm herbem Shampoo – und dem Gefühl, nach einem vollen Arbeitstag frisch in den Feierabend zu starten. Selbst der Weg in der dicht gedrängten Londoner U-Bahn fühlt sich an diesem Abend ein wenig entspannter an.

Das Konzept kommt gut an: Die zwei Stockwerke im ähnlich modernen 8 Bishopsgate ums Eck waren innerhalb von fünf Monaten ausgebucht.

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